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Bücherbriefe der Buchhandlung Heesen

Auszüge aus den noch vorhandenen Bücherbriefen

1934

Anlage zu einem Brief:

niedergeschrieben nach dem Krieg 1941:

Korbach 1934 Rudolf Heesen

Schon 1932 hatte ich in Wahlversammlungen des christl.-Sozialen Volksdienstes (Partei von Pastor von Bodelschwingh) gegen die volks- und moralzersetzende und kirchenfeindliche Tendenz der NSDAP gesprochen. Bei Ausbruch des Kirchenkampfes 1933 (Bodelschwingh kontra Müller) verteilte ich in meiner Buchhandlung tausende von Druckschriften der bekennenden Kirche (BK - Leiter Pfarrer Niemöller) und versorgte von meinem Büro aus das ganze Waldecker Land mit kirchlichen Schriften gegen die "Deutschen Christen" Hitlers (DC) - mit dem Erfolg, dass dieser Gruppe der NSDAP in Waldeck der entscheidende Erfolg versagt blieb. Ich arrangierte theologische Aussprachen zwischen BK und DC und machte meine Buchhandlung zum Brennpunkt der kirchlichen Kämpfe. 1934 hielt ich auf der evangelischen Woche in Eimelrod einen Vortrag über den 3. Glaubensartikel und arbeitete gegen die im Frühjahr 1934 in Korbach stattfindende Tagungswoche der DC mit großem Erfolg durch Gegenanzeigen in der Korbacher Zeitung. Der damalige Landesleiter der DC - Pfarrer Keller - wurde zu meinem grimmigen Gegner und hetzte die NSDAP gegen mich auf. Mein Geschäft stand wiederholt unter dem schweren Boykott der NSDAP.

Anfang November 1934 bot mir der 16 jährige SA-Mann Heinz Klein eine Postkarte zum Kauf an, die ein Bild zeigte, auf dem an einem Baum eine Strohpuppe mit jüdischer Maske aufgehängt war. Auf der Anschriftseite stand der Spruch: "Solange hier in Waldeck die alten Kastanien blühn, wird man von ihren Zweigen vielleicht noch manchen ..... (ergänze: Juden) herunterbaumeln sehn. Ich sagte zu dem Jungen: "Schämst du dich nicht auf solche Weise zum öffentlichen Morden an Juden aufzufordern? Wo warst du denn, als unser Nachbar Mosheim (ein Jude) sich im Schütztengraben das eiserne Kreuz verdiente und sich einen schweren Lungenschuß holte? Da hast du noch in die Windeln gemacht!" Zeuge dieses Geschehens war Otto Emde, Sturmführer der SA-Reserve, der am gleichen Abend auf einer Vollversammlung der NSDAP, SS, SA usw. den Vorfall berichtete. Die Meute heulte und tobte und gegen 22 1/2 Uhr flogen Steine in von Kappels Seite in meine Buchhandlung. Da ich das Schicksal des von der SS blingeschlagenen Löwenstein nicht teilen wollte, reiste ich am folgenden Morgen um 5 1/2 Uhr mit dem 1. Zug zu Freunden nach Bonn und Köln. Inzwischen war mein Gehilfe - entsprechend unserer vorsorglicher Abmachung - mein Teilhaber geworden, wehrte den Boykott der NSDAP ab und ich verließ Anfang 1935 Korbach, nachdem mich der überstürzte Verkauf der Buchhandlung 5.400 RM Verlust gekostet hatte.


1937 gegründet als „Monatsbrief der Buchhandlung Rudolf Heesen in Leipzig

1937 30.01. Das 3. Notgebet der Kirche: Luk 11,2 Die Könige der Erde lehnen sich auf wider den Herrn und seinen Gesalbten.

Guter Vortrag entnommen aus Allgemeinen Evgl. Kirchzeitung


1937 27.03. Buchhandlung Rudolf Heesen Leipzig C1 Postfach 201

Bibliographien


1937 24.04.

S1 Angesichts der vielen Beschränkungen, die heute der christlichen Verkündigung auferlegt sind, kann ein wirkliche Schulung der Gemeinde ... bewusstes Antichristentum


1937 31.08. Erklärung Entschuldigung RH für Mahnschreiben

Ausweis zum Vertrieb christlicher Kalender ...

1938 01.03. ab 1.Mai 1938 Wohnung, Familie + Büro

wieder in Leipzig 1 C1 Postfach 201 Salomostr. 11


1938 28.05. Wortbetrachtung Lk 24,25 O ihr Toren und trägen Herzens – Allgemeine Evgl. Luth. Kirchenzeitung

Buchbesprechung: Abendländische Entscheidung – Arischer Mytos + Christliche Wirklichkeit Autor: Hermann Sauer J.C. Hinrichs Verlag Leipzig


1938 30.06. Neue Anschrift für Pakete ab Anfang August: Klostergasse 5 Hof. Da das Haus, in das wir am 1.Mai eingezogen sind, am Ende Mai in den Besitz einer benachbarten Druckerei überging, mussten wir gegen Umzugvergütung die bisherige Wohnung räumen.

Buchbesprechung: Theodor Litt: Der deutsch Geist und das Christentum

Litts Schrift ist in ihrer Klarheit und Zielsicherheit unerreicht.

Die Völkisch–biologische Geschichtsschau hat hier, besonders was die Verstöße gegen das Christentum anlangt, ihre würdigste und zugleich ernsteste Kritik und positive Wegweisung erhalten.

Deutsche allgemeine Zeitung 26.5.38


1938 30.11. Gottes Güte schenkte uns heute unser sechste Kind, den fünften Jungen (Günther) Rudolf Heesen und Frau Hildegard geb. von Frau Treskow Leipzig am 31.Oktober 1938


1939 28.2.

Anfang November (1938) kehrte mein bewährter Mitarbeiter Walter Thibault aus über zweijährigem Militärdienst zurück, sodass ich bis dahin ohne Hilfe war.

Diese ungehäuere Arbeitslast führte dazu, dass ich schon im Hebst in steigendem Maße von Gallenkoliken heimgesucht wurde, die schließlich so arg wurden und im Januar gänzlich zusammenbrach. Z.Zt. befinde ich mich zur Ausheilung und Erholung in einem Sanatorium Kassel-Wilhelmshöhe Sanatorium Dr. Rohrbach

1939 31.3.

Eine besondere Bitte: Trotz wiederholter Inserate und Bemühungen des Arbeitsamtes ist es nicht gelungen für unseren Haushalt ein Hilfe zu finden, sodass meine Frau den großen Haushalt mit 6 kleinen Kindern allein versehen muss. Sollte unter meinen Kunden jemand eine geeignete Hilfe wissen, wir suchen entweder eine ältere Stütze, ein Pflichtjahrmädchen, ein Haustochter oder eine ältere Dame, alleinstehend, die sich auch um die Erziehung der Kinder kümmern kann. Vergütung außer den Sachentschädigungen RM 20 bis RM 60.


1939 26.8.

Zum 1.10. verlässt uns unsere Haustochter.

Nochmals bitte um Hilfe für meine Frau z.B. auch Pflichtjahrmädchen.

Allgemeine Lage des Evangelischen Buchhandels:

Von der Anordnung Nr. 133 der Reichsschriftentumkammer vom 31.3.1939 ist auch der Evangelische Buchhandel betroffen. Ab April 1940 dürfen keine Vereinsbuchhändler mehr bestehen und dürfen Evgl. Bücher nur noch von solchen Firmen betrieben und verlegt werden, die sich öffentlich als „Evangelisch“ bezeichnen.

Eine Idee, wie man neue Kanäle der Verbreitung christlicher Literatur zu bewerkstelligen wäre z.B. Aufruf zur Arbeitsgemeinschaft. - Sehr schwierige Zeiten!

Ganz persönlich bin ich der Meinung, dass man zumindest von jetzt an unsere Kirche bewusst Kreise nur noch ausschließlich evangelische Bücher verschenken sollte. Wir haben keinerlei Interesse an der „allgemeinen“ Literatur, mag sie psychologisch, historisch, soziologisch oder sonst wie noch so wertvoll sein - wir dienen der Aufgabe der Kirche m.E. nur, wenn wir in Zukunft bewusst einsichtig sind bei unserer Auswahl und für diese nur das Evangelische Buch berücksichtigen (Ausnahme: politische Bücher)


1939 23.09.

Unser Betrieb läuft noch und mein Heer Dr. Gesch und ich wollen unseren Dienst noch so lange tun, wie wir dürfen.

Mein Herr Thibault ist im Felde und hat inzwischen an der Schlacht im Weichselgebiet teilgenommen.

Unsere Aufgabe ist durch den Krieg noch viel härter und dringender geworden. Kunden, die z.Zt. im Feld stehen, bitte ich um Angabe ihrer Feldpostnummern.

Buchbesprechung: Predigt im Krieg. Mit Beiträgen aus dem Anfang der Krieges von namhaften Predigern. Herausgeber: D.Erich Stange


1939 18.10.

Die Sperre des privaten Güterverkehrs ist in den meisten RBD-Bezirken immer noch nicht aufgehoben. Feldpostsendungen an Soldaten versende ich von hier aus.


1939 08.11.

Stuttgarter Bibelteile sind infolge Materialschwierigkeiten z.Zt. nicht lieferbar.


1939 18.11. Seite 218

Gespräch des hl. Hieronymus mit dem Kindlein in der Krippe.


"Ach Herr Jesus, wie zitterst Du,

wie hart liegst Du um meiner Seligkeit willen!

Wie soll ich dies vergelten?"

Da dünkt mich, wie mir das Kindlein antwortet:

"Nichts begehre ich, lieber Hieronymus, als singe:

Ehre sei Gott in der Höhe! Laß dir's nur lieb sein.

Ich will noch dürftiger werden im Ölgarten und am heiligen Kreuz."

Ich spreche weiter:

"Liebes Jesulein, ich muß dir was geben,

ich will Dir all mein Geld geben."

Das Kind antwortet:

"Ist doch zuvor Himmel und Erde mein.

Ich bedarf's nicht, gib's armen Leuten.

Das will ich annehmen, als sei's mir selbst widerfahren."

Ich rede weiter:

"Liebes Jesulein, ich will's gern tun, aber ich muß Dir auch für Deine Person etwas geben oder muß vor Leid sterben."

Das Kindlein antwortet:

"Lieber Hieronymus, weil Du ja so kostfrei bist, so will ich Dir

sagen, was Du mir sollst geben:"

"Gib her deine Sünde, dein böses Gewissen und deine Verdammnis."

Ich spreche:

"Was willst Du damit machen?"

Das Jesuskind sagt:

"Ich will's auf meine Schultern nehmen, das soll meine Herrschaft und herrliche Tat sein, wie Jesaja vor Zeiten geredet hat, dass ich Deine Sünde will tragen und wegtragen."

Da fange ich an bitterlich zu weinen und sage:

"Kindlein, liebes Kindlein, wie hast Du mir das Herz gerührt!

Ich dachte, Du wolltest was Gutes haben, so willst Du alles,

was bei mir böse ist, haben.

Nimm hin, was mein ist! Gib mir, was Dein ist!

So bin ich der Sünde los und des ewigen Lebens gewiss."


1939 28.11. Seite 219

Morgengebet: Luthers Morgensegen


Das wallte Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.-

Wir danken Dir, unser himmlischer Vater,

durch Jesus Christus, Deinen lieben Sohn,

dass Du uns diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast,

und bitten Dich, du wollest uns diesen Tag auch behüten

vor Schaden und allem Übel,

dass Dir all unser Tun und Leben gefalle.

Denn wir befehlen uns,

unseren Leib und Seele und Alles in Deine Hände.

Dein heiliger Engel sei mit uns,

dass der böse Feind keine Macht an uns finde.

Amen.


Abendgebet Luthers Abendsegen


Das wallte Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen. -

Wir danken Dir, unser himmlischer Vater,

durch Jesus Christus, Deinen lieben Sohn,

das Du uns diesen Tag gnädig behütet hast,

und bitten Dich, Du wollest uns vergeben alle unsere Sünden,

wo wir unrecht getan haben,

und uns diese Nacht gnädiglich behüten.

Denn wir befehlen uns, unseren Leib und Seele

und Alles in deine Hände.

Dein heiliger Engel sei mit uns,

dass der böse Feind keine Macht an uns finde.

Amen.


Gebet

Sonntag für den Wochentag bestimmte Gebet

Martin Luther


Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geist, Amen.


Wir beten Dich an, himmlischer Vater,

ohne den nichts gemacht ist, was gemacht ist,

der Du uns und alle Kreatur erschaffen hast und noch erhältst,

dass wir Dich loben und Dir danken in Ewigkeit.


Wir beten Dich an, Herr Jesu Christ, unser Heiland,

Du ewiges Wort des Vaters,

Du Licht von unerschöpften Lichte,

Du Sonne dieser und der zukünftigen Welt;

Dass Du uns durch Deine unermeßliche Liebe

und Dein bitteres Leiden und Sterben erlöst hast

vom Tode und der Gewalt der Sünde und des Satans,

und uns durch Deine sieghafte Auferstehung

Mitbürger hast werden lassen am ewigen Reich des Vaters. -


Wir beten dich an, Gott, heiliger Geist,

dass Du uns durch den Glauben an Jesus Christus

wiedergeboren hast zu einer lebendigen Hoffnung,

dass Du uns Helfer und Tröster bist. -


Stärke uns, Herr, den Glauben

und lass das ewige Wort,

den Schatz Deiner heiligen Kirche,

Frucht bringen unter uns und allen Menschen.

Amen


1940 31.01.

Mein buchhänlerischer Mitarbeiter, Herr Walter Thibault, der bereits an vorderer Front in Polen stand und dort u.a. an der Schlacht an der Bzura teilgenommen hat, steht jetzt im Westen. Sein Fehlen verstärkt die gewaltige Arbeitsleistung, die wir zu vollbringen hatten.


1940 30.94.

Die Lieferschwierigkeiten im Buchhandel dauern an.

Nicht lieferbar ist: „Die Deutschen fürchten Gott“


1940 30.06.

Während des Krieges erscheinen die Monatsbriefe verkürzt (ohne Besprechungen und Sonderseiten

Im Bärenreiterverlag wird ab 22.7.eine Zeitschrift für die evangelischen Soldaten erscheinen: „Das Werk“ mit Unterstützung der Wehrmacht und der Kirchenbehörde


1940 31.07.

Unseren Freunden zur Kenntnis dass uns am 6.7.1940 unser 7.Kind, das zweite Töchterchen (Ingeborg) geboren wurde.

Die Auflage christlicher Kalender ist ständig im Steigen.

Die Verkehrsschwierigkeiten infolge der Kriegsleistungen der Reichsbahn lassen es geboten erscheinen sofort nach Fertigstellung zum Versand zu bringen.

Groschenbücherei: Das im Unterricht Gehörte und Gelernte soll den Konfirmanden durch die dargebotenen Erzählungen als lebendige Wirklichkeit beispielhaft dargestellt und ins Herz vermittelt werden.

1940 31.08.

Konfirmandenbücher: Aus dem Wunsch heraus, die Konfirmanden in der verhältnismäßig kurzen Zeit, in der sie den Unterricht besuchen, auch außerhalb der Unterrichtsstunden zu führen und ein mit Lebensbildern christlicher Persönlichkeiten bekannt zu machen und ihnen Glaubenszeugnisse und -Bekenntnisse nahe zubringen, habe ich vor einigen Jahren meinen Konfirmanden kleinere Hefte zum Lesen zur Verfügung zu stellen.

Ich glaube man kann die Bedeutung solchen Konfirmandenlesestoffs gar nicht unterschätzen, denn die Kinder, die vom Elternhaus her keine Beziehung mit dem Christentum haben und denen ein Glaubenszeugnis noch nicht eingetreten ist, spüren aus diesen Berichten etwas von der Kraft solcher Frömmigkeit.


1940 31.10.

Ich bedaure sehr, dass ich meinen so guter und liebgewonnen Mitarbeiter, Herr Dr. Gesch, infolge höherer Gewalt nach 1,5 Jahren verloren habe! Er hat sich restlos für die aufgaben meiner Buchhandlung eingesetzt. - Die Personalschwierigkeiten sind ja ungeheuer!

Soldaten-Lesezirkel: Einige meiner einberufen Kunden baten mich einen Lesezirkel einzurichten, der ihnen und ihren Kameraden dienen könne und eine praktische Schriftauslegung und Literatur kirchlicher Prägung enthalte.


1941 Nach dem Krieg niedergeschrieben

Leipzig 1941


Alle Buchhandlungen mußten jährlich der Reichsschriftentumkammer (RSK) ihren Umsatz melden. Dadurch auf den wachsenden Umfang meines Geschäftes aufmerksam geworden, schickte die RSK mir im Frühjahr 1941 drei Gestapo Beamte auf den Hals. Im ganzen mußte ich 1941 sechs Gestapo-Untersuchungen über mich ergehen lassen und der Leipziger Gestapo-Beamte Zetschke sagte mir, dass die RSK mich vernichten wolle. Ich muß aber der Wahrheit die Ehre geben und sagen, dass Herr Zetschke mich zu schützen suchte, da ich sieben Kinder hätte. Die Anlässe waren z.Tl. willkürlich herbeigezogen. Beim letzten Zwischenfall sagte mir mein Unterhändler in Berlin, dem Hauptsitz der RSK, dass mir Geschäftsschließung, Inhaftierung in ein KZ und eine Geldstrafe von 35.000 RM drohten. Daraufhin meldete ich mich beim Wehrmeldeamt, obwohl ich als untauglich zurückgestellt war und wurde 7 Tage darauf eingezogen. 2 Tage später erschien Herr Zetschke bei meiner Frau und beglückwünschte sie zu meiner Einberufung und zu der dadurch notwendig gewordenen Schließung meines Geschäfts, da er mich nicht länger mehr halten könne. Damit hatte die NSDAP nun zum 2. Male meine berufliche Existenz zerstört.

Nachzutragen ist hier, dass ich 1937-1941 ohne Wissen der RSK und der Reichspressekammer eine theologisch - literarische Monatsschrift "schwarz" herausgab, die zuletzt in einer Auflage von 4.500 Stück versandt wurde.


1941 20.01.

Meine Frau, die nach 9-monatiger schwerer Krankheit und trotz monatlangen Aufenthalt in Krankenhaus, Sanatorium und Erholungsorten ihre alte Frische infolge zu starker Beanspruchung durch unseren großen Haushalt (7 Kinder) nicht wiederzugewinnen vermag, such ich eine Hilfe.


1941 28.02.

Unser Schicksal liegt in Gottes Hand


1943 Nach dem Krieg niedergeschrieben

Leipzig 1943


Infolge des Hitler-Krieges verbrannten nach einem englischen Luftangriff auf Leipzig am 4.12.1943 unsere Wohnung, mein Geschäft und alle meine wissenschaftlichen Unterlagen, die der Kriegsschadenbehörde Leipzig vorliegen, 83.000 RM. Der Verlust auf dem Transportwege nach Korbach beträgt ebenfalls nach amtlichen Schätzungen 14.500 RM. Auf Sparbüchern im jetzt von Russland besetzten Teil Deutschlands habe ich 58.000 RM liegen, sodass unser weiterer, dritter Schaden durch das Dritte Reich, 155.500 RM beträgt.


1944 26.11. Ein erhalten gebliebener Brief Rudolf Heesen an seinen ältesten Sohn Hans-Georg.


Über Kampf und Heldentum


Meinem Sohne Hans-Georg zum 14. Lebensjahr! 26.11.1944


Du hörst es täglich, dass wir in einer heldischen Zeit leben, dass Kampf unsere Aufgabe ist, dass wir um den Sieg, um unser Leben kämpfen, dass in unseren Tagen jeder Deutsche ein Held sei.

Held, Krieg, Waffen, Ruhm, Ehre, Sieg, Stärke, Macht - alle diese Begriffe sind Attribute des Kampfes eines Volkes gegen das andere, gegen seinen Feind. Es ist dies die älteste und primitivste Form des Streites. Auf dem Schlachtfeld erweisen sich die Kämpfer als Helden, Mitkämpfer oder Drückeberger.

Je tapferere ein Volk und seine Krieger waren, um so schwieriger war es für den Einzelnen, als Held eine Namen zu gewinnen. Denn der Abstand zur Masse ist es, was den Helden kennzeichnet. Er ist mehr, er kann mehr und er leistet mehr als alle anderen. Er ist tapferer, mutiger, zäher, härter, trotziger, stärker, selbständiger, unabhängiger, unerschrockener, rücksichtsloser, zielbewußter, klüger, weitblickender, aber auch selbstloser. Denn es gehört nun einmal zum Helden, dass er aus der Masse hervorragt oder gar im Gegensatz zu ihr steht.

Die Atmosphäre eines heldischen Zeitalters ist so gesättigt mit heldischen Gedanken, Forderungen und Idealen, dass sich auf Schritt und Tritt Helden herauskristallisieren. Und es gibt kein höheres Lob für ein Volk als das Urteil der Geschichte, dass es diese oder jene gefahrvolle Periode seines Lebens als "ein Held" gemeistert und überwunden habe, oder dass sein Heer als "ein Held" gekämpft und gesiegt habe oder auch - unterlegen sei. Denn nur die heldische Tapferkeit rettet auch über den Untergang hinaus, wie Leonidas an den Termopylen heute noch beweist.

Die Helden eines Volkes sind die höchste Verkörperung des heldischen Ideals ihrere Zeit. Ihr starker Wille wird genährt und getragen von der Gemeinschaft ihres Volkes. Sie werden vorangerissen und reißen selbst voran - in lebendiger Wechselwirkung, wie das Schwungrad einer Maschine. Dieses Heldentum ist Exponent der Masse, ist Führung.

Je größer ein Volk ist, um so mehr gliedert es sich in Untergruppen und kleinere Einheiten. Jede Einheit braucht ihren Helden, ihren Führer, der die besten Kräfte seiner Einheit in sich vereinigt, Vorbild und Ansporn ist. Im Volksganzen ringen diese heldischen Einheisführer um den ersten Platz, um den Lorbeer der Volksführung, um die Vollendung und Krönung ihres Heldentums.

So schwer dieses Ringen um anerkanntes Heldentum auch sein mag, schwieriger ist es, sich als Held zu beweisen, wenn ein Kämpfer nicht getragen wird von dem einheitlichen Willen einer Gemeinschaft. Jeder findet in seinem Kameraden seinen "Treiber", seine Stütze, seinen Korrektoren, dieser aber wird gehemmt durch alle jene dunklen Mächte, die im Menschenherzen schlummern und gefährlich werden, wenn sie als organisierter Massengeist oder "Etappengeist" um Macht und Einfluß ringen, den Zeitgeist oder den Geist einer Einheit prägen und alle Gegnerschaft ihrer selbstischen Praxis dem Gespött der verführten und verblendeten Masse preisgeben.

Gewiß sind Alexander, Caesar, Tilli, Ziten, Gneisenau, Moltke Helden und Namen höchsten Ruhms. Doch stehen die Heroen des Geistes über ihnen: Sokrates, Christus, die Ideen gestaltenden deutschen Kaiser des Mittelalters, Luther, Kopernikus, Stein, Robert Koch, Bodelschwingh. Denn diese erfüllten die von jenen geschaffenen Grenzen mit dem göttlichen Geiste ihrer Berufung und leuchten bis in unsere Tage

stahlenkräftig und neues Leben zeugend herüber, obwohl die Grenzsteine als die Wahrzeichen des Wirkens Jener längst zerfallen sind.

Völker sind Lebewesen und damit den biologischen Gesetzen dieser Organismen unterworfen. Sie sind notwendig, denn sonst fände der Geist keinen Ort seines Wirkens. Sie sind historisch betrachtet sogar älter als der Geist, der sie erst ins Selbstbewußtsein rief und fordert daher auch die erste Stelle im Dienst ihrer Glieder. Aber Völker gingen zugrunde und heute lebende werden ihnen folgen. Doch ihr Geist wirkt und bleibt und verkündet durch die Jahrtausende die Wahrheit ihres Nationalgedankens und ihres völkischen Selbstbewußtseins, d.h. ihrer vom Schöpfer ihnen auferlegten Aufgaben.

Härter war der Kampf dieser Geistesmächtigen als der der großen Soldaten. Feinde ringsum war die Erkenntnis jedes ihrer Lebenstage. Gegen Bosheit, Unverstand, Hohn, Verleumdung und Verfolgung hatten sie zeitlebens zu kämpfen. Mit ihrer nächsten Umgebung, mit Freunden, Nachbarn, Stadt- und Volksgenossen, oft mit der eigenen Familie standen sie auf Kriegsfuß. Sie hatten kein Heer zur Verfügung, das ihrer Idee zum Siege verhalf und in dem ihr Schlachtruf zündete. Sie wurden erdrückt von ihrer Einsamkeit. Sie standen auf lichter Höhe. Aber die, denen ihre Verkündigung galt, glaubten, ihre Dämmerung sei dem Himmelslichte der Wahrheit näher, und wehrten sich mit aller Gewalt gegen Erkenntnis und letzte Wirklichkeit. Fürwahr, die ganze Welt stand auf gegen diese Gestalter und Erneuerer des Geisteslebens ganzer Jahrhunderte und Jahrtausende.

Ein qualvoller Kampf war es gegen die Machthaber und Nutznießer der alten Systeme, gegen die Trägheit der vegetierenden und stumpfen Massen, gegen die Fanatiker eines Wahrheitquentchens, die den Neuerungen wehren wollten, dem Schleier von Sais ein neues Stück zu entreißen, gegen die Neider, die in bürgerlicher Sattheit niemandem einen Ruhm außerhalb ihrer eigenen beschränkten Bahn gönnten, gegen die Verläumder, deren Lebensfreude in der Aussaat von Streit und Bosheit besteht, gegen die Verfolger, die angstvoll in allem Neuen eine todbringende Feindschaft ihrer Machtstellung witterten - kurz, gegen alle menschlichen Schwächen, die ein "gewogen und zu leicht befunden" aus dem Munde des göttlichen Herrn der Geschichte zu fürchten hatten.

Aus einigen Lebensbildern dieser Geisteshelden ist das unerhört herosche ihres Kampfes um die von ihnen entdeckte Wahrheit allgemein bekannt geworden. Aber jedes Jahr bringt neue Erkenntnisse, neue Erfindungen, kurz: neue Fetzen vom Mantel der Wahrheit ans Tageslicht. Tausende und Abertausende mühen sich täglich, Jahr für Jahr, Jahrhunderte für Jahrhunderte, den großen göttlichen Geheimnissen der Schöpfung und des Lebens auf die Spur zu kommen, sie ihren Mitmenschen mitzuteilen und so für alle fruchtbar zu machen. Kunst und Wissenschaft, Philosophie und Technik, Musik und Dichtung, Organisatoren und Erzieher - leidenschaftlich setzen sie ihr Lebenswerk an die Entschleierung des Wesenskerns.

Habe Achtung vor ihren Opfern, vor ihren Verzweiflungen, vor ihren Einsamkeiten, vor ihrer Größe, ihrem Wollen und ihrem Idealismus. Verehre jeden, der mit heißem Herzen auch für jene Grundsätze und ihre allgemeine Verwirklichung eintritt, ohne die ein geordnetes Staatswesen und eine fruchtbare Gemeinschaft nicht bestehen kann.

Die Schar dieser Ehrlichen ist namenlos und weitgespannt, ihr Los tragischer als das des Soldaten, der sein höchstes Ziel schon erreicht hat, wenn er tapfer kämpfend sein Leben hingibt für Volk und Vaterland. Der Kämpfer aus und für Idealismus verliert sein Leben täglich unter tausenden Qualen und Widerständen, unter Spott und Unverstand. Und doch läßt er nicht locker. Ist er auch nicht berufen große

Erkenntnisse zu empfangen, so brauchen doch diese den Wechsler, der das Gold der unwiderruflichen Wahrheiten in die kleine Münze des Alltags umsetzt und dadurch unermüdlich tätig ist, die Grundlagen der Gemeinschaft zu festigen, zu stärken und notfalls neu zu bauen. Diese Idealisten des Alltags sind wie das Öl, ohne das eine Maschine nicht mehr laufen und arbeiten kann. Und auch dies haben sie mit Öl gemeinsam: Sie werden von allen Seiten gepresst und zerschunden, sie werden schwarz und schmierig von allem Dreck, den sie aufnehmen müssen. Aber das ist ihr selbstloses Opfer. Ohne ihre demütige Hingabe würde der Schmutz die Räder zerfressen und die Maschine zu altem, toten Eisen, ausgeschaltet und auf den Schrotthaufen geworfen werden.

Kein Heeresbericht, kein Geschichtsbuch, meldet vom Leben und Kämpfen dieser Helden des Alltags. Sie sind die Stillen im Lande, die Treuen und Pflichtbewußten, die Fleißigen und Zuverlässigen, die Ehrlichen und Frommen. Dass sie das sind, erfüllt die Helden der Waffe mit Glauben und Zuversicht. Sie sind das Netz, das unser Volk vor dem Auseinanderfallen schützt. Kein eisernes Kreuz ziert ihre Todesanzeigen, aber der Einsatz ihres täglichen Leben ist der Mörtel zum Bau der Volksgemeinschaft.

Strebe ihnen nach, mein Junge! Nenne Schwarz nicht Weiß, mache aus einer Gemeinheit keine Heldentat, erhebe Feigheit nicht zur Klugheit, laß Stumpfsinn nicht zur Gewöhnung werden und Gewöhnung und Flucht vor Verantwortung nicht zum Gesetz der Ordnung. Halte Augen und Ohren offen und verschließe auch nicht den Mund, wo Unsinn oder gar Widersinn das Zepter an sich reißen. Rette den Menschen vor dem Mechanischen und wisse, dass der Geist immer noch das Wichtigere und Mächtigere ist und in alle Ewigkeit bleiben wird. Habe den Mut zum Widerspruch, denn die Wahrheit spottet des Hohnes und setzt sich am Gewissen des Gemahnten fest. Schiebe nichts auf die lange Bank und fürchte nicht die Autorität der alten Leier. Fürchte Dich nicht davor, lästig zu werden, denn nur der stete Tropfen höhlt den Stein. Vor allem aber halte Deine eigenen Hände rein, denn schmutzig würden sie das Bild besudeln, das Du den anderen zeigen willst.

Vor allem aber sieh zu, dass Du ein "totaler Mensch" wirst, dass Denken, Reden und Handeln bei Dir nur aus einer Quelle stammen, dass Du ein Mann wirst aus einem Guss. Laß Dir nie das beschämende Scheltwort nachsagen, dass andere nach Deinen Worten, aber nicht nach Deinen Taten handeln sollen. Dieser Kampf um die Einheitlichkeit der Persönlichkeit ist der schwerste, den es im Menschenleben zu bestehen gilt, denn es ist der Kampf gegen uns selbst, gegen die zerstörenden, auflösenden, verneinenden, gleichgültigen, treibenlassenden und feigen Tendenzen unseres Herzens. Der alte Blücher nannte dies Doppelwesen in uns den "Hundsfott", die heutige Soldatensprache nennt es den "inneren Schweinehund".

Du brauchst Dich nicht zu schämen, dass solche Gedanken, Regungen und Wünsche in Dir auftauchen und nach Betätigung und Verwirklichung schreien. "Zwei Seelen, wohnen, ach, in meiner Brust!" Und Paulus sagt: "Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach". Alle Denker und alle Weisen aus allen Völkern und Jahrtausenden kennen und kannten diesen Kampf, der im Inneren eines Menschen tobt.

Es kommt hier nur auf das eine an: den Versuchungen, die aus unserem Inneren kommen und von schlechten Freunden oder bösen Gelegenheiten gefördert werden, nicht zu erliegen. "Principiis obsta!" sagte der Lateiner, d.h. "widerstehe dem Anfang". Die biblische Schöpfungsgeschichte ist die ethisch unerreicht wertvollste aller gleichartigen Berichte aller Völker. Sie erzählt, wie die ersten Menschen der an sich harmlosen Versuchung, die Früchte eines bestimmten Baumes zu

genießen, nicht widerstanden. Es heißt dann, das ihnen die Augen aufgingen und sie erkannten, was Gut und Böse sei. Böse war nun alles, was das ungehorsame Herz, die "Schlange", ihnen zuraunte. Aber sie hatten nun einmal von der verbotenen Frucht gekostet und geschmeckt, wie süß sie war. "Sündenfall" nennt man diese Geschichte, und sie ist bitter ernst. Es ist nicht auszudenken, welchen Ablauf die Menschheitsgeschichte genommen hätte, wenn unsere Ureltern hier, in der entscheidenden e r s t e n Versuchung, ihrer göttlichen Berufung treu geblieben wären.

Einer der glühendsten Vorkämpfer des Nationalsozialismus, der 1930 in Arnstadt verstorben Sozialrevolutionär, Dr. Max Maurenbrecher, nennt das Alte Testament das kräftigste und unübertrefflichste national-religiöse Erziehungsbuch des deutschen Volkes. Lies in diesem Buch nach, und Du wirst feststellen, dass alle weiteren in ihm berichteten Sündenfälle nur darin ihre Wurzeln haben, dass die Menschen den Versuchungen erlagen, statt ihnen zu trotzen. Es gibt eine Flucht, die nicht schimpflich ist, sondern Tapferkeit bedeutet, das ist die Flucht vor der Versuchung, vor dem inneren Schweinehund.

Kein Mensch bleibt bewahrt vor diesen Versuchungen, die ihn seiner inneren göttlichen Berufung entfremden und ihn ungehorsam werden lassen wollen. Und es ist gut, wenn junge Menschen frühzeitig lernen, diesem heimtückichsten aller Feinde, dem eigenen Herzen, siegreich zu begegnen. Denn ein "Charakter bildet sich nur in dem Strom der Zeit". Und überwundene Gefahren, denen wir nicht erlegen sind, stärken das Selbstbewußtsein und das Vertrauen, wie Dr. Göbbels sagt. Es muß soweit kommen, dass wir in solchen Versuchungen keine Gefahr mehr sehen, sondern ihm spotten und über ihre Wichtigtuerei lachen - weil wir hundert Mal im Kampf mit ihr Sieger geblieben sind. Denn alles Böse ist zugleich feige. Wie Luther so schön sagt: "Tut er uns doch nichts, das macht, er ist gericht', ein Wörtlein kann ihn fällen!" Wir lernen den Kern dieser Gefahren kennen und wissen aus siegreicher Erfahrung, dass man den "alt bösen Feind" nur Teufel, das Böse nur böse, Schlechtes nur schlecht, Gemeines nur gemein zu nennen braucht, um dem Versucher die betörende Maske abzureißen und ihn in seiner ganzen Erbärmlichkeit darzustellen. Diese Wahrhaftigkeit der Selbsterkennnis und dieser Mut des offenen Widerstandes lohnt Gott mit dem Siege.

Das Niederringen des zerstörenden Teiles unseres Wesens ist die Voraussetzung dafür, dasswir auch im Kampf des Gewissens gegen Lauheit des Geistes gegen Materie, des Reiches gegen den Volksfeind an den Grenzen uns als Helden bewähren und den Sieg behalten. Daran denke immer! Erst in einigen Jahren wirst Du eintreten können in die Schar der Kämpfer, um die innere und äußere Gestaltung und Sicherheit unseres Staates, aber bis dahin müssen die Grundlagen in Deiner eigenen Seele geschaffen, gehärtet und bewährt sein: Wahrhaftigkeit, Treue und Gehorsam. Zu diesem Kampf bist Du heute schon gerufen. Du weist dies längst. Mache Ernst damit! Und vergiß nicht:


Sich selbst bekämpfen ist der schwerst Krieg -

sich überwinden, ist der schönste Sieg! Friedrich Freiherr von Logan 1604-1655

Dein Vater (Rudolf Heesen)

Rudolf Heesen Bücherbrief nach dem Krieg

Buchhandlung für evgl. Theologie und Gemeinde


Evangelischer Bücherbrief und andere evangelische Stimmen

des Buchhändlers Rudolf Heesen

gegründet 1937 als Monatsbrief des Buchhändlers Rudolf Heesen in Leipzig Reichsschriftentumkammer BII 15427


1947 01.09. Rudolf Heesen zuletzt in Leipzig,

jetzt wieder in Korbach / Waldeck

Publication authorzed by Publications

Control Branch, Kassel, Det Information

Control Division OMG for Hesse under number 8

mit Genehmigung der (amerikanischen) Militärregierung


1947 15.12. Nr.1 Seite 1-4 Erste tatsächlich erschienene Nummer


Rudolf Heesen - (Erlebnisbericht an meine 4 Kinder Mai 2018)


Evangelischer Bücherbrief Nr.1 15. Dezember 1947

des Buchhändlers Rudolf Heesen

zuletzt in Leipzig,

jetzt wieder in 16 Korbach/Waldeck


Publication authorized by Publications

Control Branch, Kassel, Det. Information

Control Division OMG for Hesse under number 8

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Bitte aufbewahren, da diese Listen mit der Zeit einen Katalog ergeben werden.- Evtl. weitergeben!

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Sehr geehrte Herren! Liebe Freunde!


Meine Buchhandlung ist zwar seit über einem Jahre seitens der amerikanischen Nachrichtenkontrolle wieder zugelassen, war aber bis jetzt noch nicht aktionsfähig. Ob sie es von nun an sein wird, weiß ich noch nicht, denn selbst die Produktion der Vorkriegszeit würde nicht ausreichen, die geistliche Aushungerung unserer Gemeinden zu beseitigen, welche seit dem Verbot der Herstellung evangelischen Schrifttums am 1.7.1940 besteht und eine der Ursachen ist, weshalb unser Volk sich immer mehr von Nihilismus und Materialismus umgarnen läßt. Doch liegen so dringende Aufgaben vor, dass ich mich nicht länger sträuben kann, selbst mit den äußerst geringen Möglichkeiten, die uns verblieben sind, meinen Dienst an der geistlichen Versorgung wieder aufzunehmen. Doch möchte ich gleich sagen dürfen, dass mir die Erfüllung dieser Aufgaben nicht möglich sein wird auf der alten Grundlage des reinen Geschäftsbetriebes, sondern nur durch eine Gemeinschaftsleistung, in der ich selbst nichts weiter sein werde als die Vermittlungsstelle.

Durch die Umsicht meiner Frau konnte eine Liste meiner Kunden gerettet werden. An die wichtigsten 4500 Namen von den insgesamt 7000 dieser Liste geht nun dieser Bücherbrief hinaus. Es ist mir ein großer Schmerz, an viele den Versand nicht mehr vornehmen zu können, da sie gefallen, ihren Verwundungen erlegen, in den Städten erstickt oder verbrannt oder in Lagern umgekommen sind. Zu ihnen gehörte eine Anzahl jüngerer Theologen, deren Kompromißlosigkeit, Bekennermut und passive Verfolgung sie nach menschlichem Ermessen zu wertvollen und unersetzlichen Streitern in den uns erwartenden endzeitlichen Kämpfen hätten werden lassen. Sie waren manchem von uns Überlebenden ein beschämendes Beispiel für das Widerstreben gegen die Sünde "bis auf's Blut", und wir wollen uns, durch ihr Vorbild, dem Gott als der Herr der Geschichte das Siegel seiner Bestätigung aufgedrückt hat, warnen und belehren lassen, unseren Dienst in Zukunft treuer zu versehen und nur Gottesfurcht, aber nicht mehr Menschenfurcht zu haben. - Ihnen, deren Leben SS, Gestapo, KZ und der satanische Krieg ein Ende setzten, leuchte das ewige Licht. -

Da das Schweigen des Dritten Reiches zu Ende ist, kann ich über mich selbst berichten: Nachdem ich bereits seit 1929 publizistisch und später auch rednerisch gegen den Nationalsozialismus als antichristliche und volkszerstörende Bewegung aufgetreten war, wurde meine damalige Korbacher Buchhandlung seit dem Frühjahr 1933 zum Mittelpunkt der kirchlichen Kämpfe, als sogar später führende Pfarrer der Bekennenden Kirche noch bei den Deutschen Christen waren. Noch 1934 übernahm ich infolge des Versagens dieser Pfarrer den Vortrag über den 3. Artikel auf einer Evangelischen Woche und begleitete eine Gautagung der D.C. mit auffälligen Anzeigen für die B.K. Die in der Person ihres Kreisleiters verbundenen NSDAP und DC erließen immer wiederholte Boykotterklärungen gegen mich; z.T. durch SS Boykottposten verstärkt. Nachdem die Waldecker SS bis dahin durch ihre Gewalt überfälle Aerzte und Totengräber beschäftigt und Kranken- und Irrenhäuser aufgefüllt hatte, richtete sich in der Adventszeit 1934 die lang erwartete direkte Gewaltandrohung auch gegen mich. Nach einer stürmischen Versammlung der NSDAP, SA, SS, usw. mit Zurufen: Schlagt ihn tot! Werft ihm die Fenster ein! usw. flogen tatsächlich Steine in meine Buchhandlung, so dass ich noch in derselben Nacht flüchtete. Meine Lage war unhaltbar geworden. Mein Umsatz hatte sich von über 40000 RM in 1931 verringert auf 22 000 RM in 1934, meine Substanz war aufgezehrt. Ich mußte mein Geschäft mit den auf die Hälfte verringerten Beständen verkaufen und verlor dabei die Hälfte meines damaligen Betriebskapitals, etwa 6000 RM.

In Erwartung dieses Ausgangs hatte ich bereits 1934 meine Bundesbrüder vom Th. V. in Hannover und Hessen besucht und sie um aktive Hilfe gebeten, sobald die Verfolgung einsetzen würde. Gleichzeitig hatte ich eine Reise- und Versandbuchhandlung unter meinem eigenen Namen begründet, die ich Anfang 1935 nach Leipzig verlegte. Über 2 Jahre haben meine Familie und ich gehungert, täglich mit ängstlicher Spannung wartend, ob auf dem Postscheckkonto genügend Eingänge waren, um für diesen Tag Brot und Milch für unsere damals 4 Kinder kaufen zu können. So hatten wir z.B. für 1935 nach Abzug der Miete einen Reingewinn von nur ca. 150 RM für das ganze Jahr, für 1936 einen solchen von ca. 1300 RM!! Wenn damals der Verlag Vändenhoeck und Ruprecht [siehe dazu das Engeagement von Günther Ruprecht für die bekennende Kirche]  in Göttingen mir nicht nur mit unbegrenztem Kredit, sondern auch mit Tausenden RM baren Geldes geholfen hätte, hätten. wir iese Jahre wohl nicht überstehen können. Mit Kredit und Rabatt halfen dann noch die Verlage Bertelsmann, Bärenreiter (Stauda), Konstanz, Kranz, Wichern und einige kleinere Verlage, denen ich ihre damals uneigennützige Hilfe durch einen besonders erfolgreichen Einsatz für ihre Produktion vergalt. Gleichzeitig setzte prompt die Hilfe der von mir 1934 besuchten Bundesbrüder ein, denen ich für ihr mir als einem damals noch völlig Unbekanntem geschenkte Vertrauen heute von ganzem Herzen danken möchte. Sie haben nicht nur ihren eigenen Bedarf bei mir gedeckt, sondern auch auf ihren Pastoralkonferenzen für mich geworben. Ich vergalt alle diese Liebe mit den Anstrengungen, eine wirklich vorbildlichen buchhändlerische Arbeit zu leisten. Dass mir dies gelungen ist, zeigte, mir später die Entwicklung meine Geschäfts: von null RM zu Beginn 1935 stieg mein Umsatz bis zur abermaligen zwangsweisen Schließung nach Neujahr 1942, also in 7 Jahren, auf 162 000 RM, und meine Kunden auf 7000, darunter etwa 4500 Pfarrer. Damit war ich nicht nur - hinter Lunkenbein, Leipzig, - der zweitgrößte evangelische Buchhändler des Reiches geworden, sondern zugleich in die Spitzengruppe aller deutschen Buchhandlungen hinaufgerückt, von denen nur 6,8 % einen Umsatz über 100 000 RM hatten. Die während dieser Zeit gemachten Schulden konnte ich nach der Schließung meines Geschäfts 1942 abtragen.

Die Entwicklung meines Geschäfts verdanke ich also meinen Lieferanten und meinen Kunden, die ich, je nach den mir zur Verfügung gestellten Darlehen, im Auto besuchte. Ihnen verdanke ich die Anregungen, die ich dann im Monatsbrief weitergab, den ich im Januar 1937 begründete als eine ohne Wissen der Reichsschrifttumskammer schwarz erscheinende theologisch literarische Zeitschrift, die neben der lückenlosen Bibliographie noch kritische Besprechungen brachte, ferner Empfehlungen, Anregungen für die Schrifttumsarbeit der Gemeinden, Berichte über die kulturpolitische Lage bezüglich des Schrifttums, usw. Obwohl die Monatsbriefe 4 1/2 Jahre lang erschienen, und zwar monatlich in steigender Auflage und bis Kriegsausbruch auch mit steigendem Umfang, ist doch trotz der vielen Haussuchungen bei meinen Freunden und bei mir selbst nie ein Heft der Gestapo in die Hände gefallen.   Mein ausführlicher Bericht über die den konfessionellen Verlag und Buchhandel lahmlegende Anordnung Nr.133 aus 1939 wird noch in aller Erinnerung sein, ebenso meine Aktion gegen die Anordnung 145 von 1941 mit ihren Mietverträgen, Plakaten, usw. Gegen die Auswirkung der ersteren unternahm ich 1939 eine vierteljährige Reise durch ganz Deutschland, wie überhaupt alle meine Reisen die beabsichtigte Nebenwirkung hatten, den Geist und den Willen des Widerstandes zu stärken.

Meine zweite Verfolgung setzte dann im April 1941 ein: Als die RSK erfahren hatte, dass ich einen Pfarrer als wissenschaftlichen Mitarbeiter beschäftigte, der von Streicher für 3 1/2 Jahre eingesperrt worden war, schickte sie mir die Gestapo auf den Hals, die mich dann nicht mehr losließ. Dass ich außerdem seit 1938 einen christlichen Volljuden schwarz beschäftigte, der nachher auch mein Geschäft liquidierte, bekam sie jedoch nicht heraus. Meine gesamte Verlagsarbeit war außerdem schwarz geschehen. Nachdem mir der die Untersuchungen führende Gestapobeamte erklärt hatte, die RSK sei über den wachsenden Umfang meines Geschäftes erschrocken und wünsche deshalb meine Schließung, kam die gewaltsame Lösung durch die Veröffentlichung meiner Bildblätter für den Kindergottesdienst. Am 5.1.1942 wurde ein Herr des Wchern Verlages Ohrenzeuge der gegen mich in Berlin beschlossenen Maßnahmen: Schließung des Geschäfts, Geldstrafe von RM 35000 und KZ wegen "Sabotage an den Kriegsanstrengungen des deutschen Volkes". Er ging sogleich zum Bahnhof, fuhr zu mir nach Leipzig und riet sofort zu fliehen. Es gelang mir, einen Auslandspaß und sämtliche Bewilligungen bis auf die des Wehrbezirkskommandos zu erhalten. Da ich durch zahllose Erzählungen von der Wirklichkeit des KZ wußte und bereits eine Auskämmungsaktion der RSK zur Überführung nicht kriegswichtiger Buchhändler in die Rüstungsindustrie am An­laufen war, hielt ich es als av-Gemusterter nicht für unvereinbar mit meinem Gewissen, mich statt dessen bei der Wehrmacht zu melden, wo man zu jener Zeit bereits vor der Gestapo bzw. KZ sicher war, aus dem heraus sogar für die Wehr­macht geworben wurde. Auf dem Wehrmeldeamt fand ich einen verständnisvollen Hauptmann, der mir meinen Einberufungsbefehl gleich mitgab, so dass ich bereits am 12.1.1942 Soldat war und die drei Gestapobeamten, die mich 2 Tage später ver­haften wollten, das Nest leer fanden.

Damit war ich zwar nicht mehr in den Klauen der Gestapo, wohl aber in denen des "nationalsozialistischen Volksheeres". Ich sah sehr bald die beispiellose Korruption, vor allem unter den Offizieren, von denen ich im Laufe der Jahre nur drei unbestechliche kennengelernt habe. Da meine Anwesenheit als fremdes und störendes Element empfunden wurde, wurde ich innerhalb der 40 Monate meines Soldatendaseins nicht weniger als 14 mal versetzt. Die längste Zeit war ich Dol­metscher, zuerst in Berlin, dann im Stalag. Als ich meine Mitarbeit nicht mehr glaubte verantworten zu können, verfaßte ich zwei geheime Denkschriften über die Korruption des Offizierskorps im Stalag, das sich aus Paketen der Kriegsgefangenen gute Tage machte, und einen sehr umfangreichen über die Mißhandlung der Kriegs­gefangenen. Ich gab sie auf geheimen Wegen an das OKW weiter. Aber da auch hier derselbe Geist herrschte, erhielt ich die Quittung durch einen Scheinprozeß, wurde bestraft, degradiert, aus av zu kv erklärt und zu einer Fronteinheit versetzt. Am 5.5.1945 wurde ich in Südböhmen von sehr anständigen Tschechen interniert und war am 29.5.1945 wieder in Korbach, nachdem ich auf einem amerikanischen Auto von Brünn bis Frankfurt gefahren worden war.

Das Schicksal meiner Familie war indessen nicht weniger angreifend gewesen. Im Jahre 1943 (4.12.1943) brannten Wohnung und Geschäft völlig ab, darunter alle meine Geschäftsunterlagen, Bibliothek, eine große, Bildersammlung mit etwa 10 000 aufgezogenen Bildern, Manuskripte, Archive, also meine gesamte Vorarbeit für meinen geplanten eigenen Verlag. Meiner Frau und den 4 jüngsten Kindern - die drei ältesten Jungen waren s.Zt. in Korbach bei meine Eltern   gelang es, durch eine letzte Lücke dem Feuermeer zu entrinnen. Sie wurde ins Sudetenland evakuiert, von wo sie Ende Februar 1945 unter Verlust aller inzwischen gemachten Ersatz­beschaffungen und bei Mitnahme von nur 2 Koffern und 4 Schulranzen entkommen konnte. Da wir unter Ablehnung konjunkturellen Nutznießertums nur legal handeln wollen, wohnen wir heute noch in 3 Wohnungen, 26 km voneinander getrennt, geliehenen Möbeln usw. Mein Bargeld ist in der CSR verloren bzw. im russischen Gebiet rettungslos blockiert.

Die Grundlage meiner zukünftigen buchhändlerischen Arbeit bildet die Erkenntnis, dass wir im Dritten Reich nur Vorgefechte für die letzte Auseinandersetzung zwischen dem Herrn der Geschichte und dem Fürsten dieser Welt erlebt haben, dass es zur Verantwortung der wachen Christen gehört, sich und andere auf diese endzeitliche Situation immer wieder klar und entschieden hinzuweisen und daraus die entsprechenden Folgerungen für das praktische Leben, in meinem Falle: für die buchhändlerische Arbeit, zu ziehen. Daher habe ich ab 1943 ein buchhändlerisches Programm entwickelt, das ich meinen Freunden nach und nach mitzuteilen gedenke, sobald die unerläßlichen materiellen und organisatorischen Voraussetzungen erfüllt sein werden. Dieses Programm richtet sich im Wesentlichen auf die innere Stärkung der Christenheit angesichts der Probezeiten, denen wir den Zeichen der Zeit nach zu urteilen entgegengehen, dann aber auch auf einen letzten Versuch missionarischet An­strengungen innerhalb unseres eigenen Volkes, das zu einem höchst schwer zu bearbeitenden Missionsfelde geworden ist. Meine leidenschaftlichen Bemühungen, in den geistlich entscheidenden ersten Monaten nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches zum Zuge zu kommen, sind gescheitert: meine buchhändlerische Registrierung erhielt ich erst im Juli 1946, meine Verlagslizenz habe ich bis heute noch nicht. Doch weiß ich mich mit meinen Freunden aus der erprobten Kampfgemeinschaft der Jahre bis 1942 her einig in den letzten Zielen unserer gemeinsamen Arbeit, so dass ich nunmehr   trotz aller äußeren Hemmungen - den notwendigen Schritt vertrauensvoll tun zu dürfen glaube.

Mit herzlichem Gruße

Rudolf Heesen

Erklärungen zu den verwendeten Abkürzungen:

SS Statssicherheitsdienst

SA Sturm-Abteilung

Gestapo geheime Staatspolizei

NSDAP national-sozialistische deutsche Arbeiter-Partei

KZ Konzentrationslager

RSK Reichs-Schriftentum-Kammer

BK Bekennende Christen

DC Deutsche Christen

RM Reichsmark

kv kriegsverwendungsfähig

av

OKW Oberkommando der Wehrmacht

CSR Chechisch slowakische Republik

1947 15.12. Nr.1 oder 01.09.1947


zum Evangelischer Bücherbrief Nr.1 15 Dezember 1947


1. Die evangelische Wanderbücherei.

Neue Literatur, vor allem evangelische, ist im Augenblick noch nicht zu beschaffen. Es gilt also, die Bestände, die sich hin und her im Lande befinden, zweckentsprechend zu verwerten.

Nun sind die einzelnen Gemeindebüchereien ausgelesen und können nicht ergänzt werden. Einige Freunde möchten nun ihre Büchereien austauschen gegen diejenigen aus anderen Gemeinden. Sie haben mich gebeten, hier zu vermitteln. Mein Vorschlag ist daher folgender:

Die Gemeinden übersenden mir ihre Büchereien. Ich gebe diese titelmäßig im Bücherbrief bekannt. Aufgrund dieser Titelangabe kann jede Gemeinde die gewünschten Titel bestellen und erhält ebenso viele Bücher, wie sie der Evangelischen Wanderbücherei zur Verfügung gestellt hat. Es empfiehlt sich , etwa die doppelte Menge Titel zu bestellen, da viele Titel mehrfach verlangt werden dürften. Auf diese Weise wird erreicht, dass der Kontakt der Gemeindeglieder mit dem evgl. Buch nicht abreißt und damit auch nicht die Beeinflussung der Gemeinden vom beispielhaft dargestellten Evangelium her. Die Ausleihe erfolgt in den einzelnen Gemeinden durch den Pfarrer oder von diesem beauftragte Personen zu den örtlchen Leihgebühren.

Zum Technischen: Da ich nicht genügend Packpapier beschaffen kann, bitte ich darum, die hergesandten Bücher in entsprechend dauerhaftes Papier einzuschlagen, den Buchtitel oben auf dem Rücken anzubringen und die Bücher mit einem Eigentumsstempel zu versehen. Denn sie bleiben Eigentum der an die Evgl. Wanderbücherei angeschlossenen Gemeinden. Vor dem Hersenden bitte ich, die Bücher, die dessen bedürfen, durch einen ortsansäßigen Buchbinder reparieren zu lassen, da die hiesigen Buchbinder für einen so großen Ansturm anfallender Reparaturarbeiten nicht eingerichtet und nicht mit ausreichendem Material versehen sind. Auf diese Weise wird die Gesamtlast des Unternehmens auf viele Orte verteilt. Die Übersendung der ausgetauschten Bücher erfolgt in dem selben Packpapier, das zur Hersendung benutzt wurde. Ich bitte also ausreichend Packpapier und Kordel mitzusenden.

Diese aus den Gemeinden stammenden Bücher werde ich ergänzen durch Bücher, die aus anderen Quellen stammen, z.B.aus Spenden für diesen Zweck oder aus Titeln, die ich aus dem Tauschverfahren gewinne (siehe unten) oder aus Neuproduktion. Es ist im Augenblick nicht wesentlich, eigene Bücher zu besitzen oder sie durch Hüten im Bücherschrank ansehnlich zu erhalten. Das dürfte inzwischen klar geworden sein. Wir wollen ja hoffen, dass wieder genügend Neuproduktion und Neuauflagen alter Bücher zur Verfügung stehen werden, bis die alten Bestände, aus denen sich vorerst die Evgl. Wanderbücherei zusammensetzen wird, unbrauchbar geworden sind. Und jeder Benutzer der Evgl. Wanderbücherei verschleißt ja auch zu seinem Teile die fremden Bücher, die er als Entgelt gegen die an seinem Eigentum eintretende unausbleiblche Abnutzung leihweise erhält.

Zur Bestreitung der Unkosten (z.B. Bücherbrief/Löhne) werden von den die Evgl. Wanderbücherei in Anspruch nehmenden Büchereien an Gebühren erhoben: 1. Ein Jahresbeitrag von RM 5.-- und 2. eine Leihgebühr von RM -,10 je Titel und angefangenen Monat. Im Verlauf der Tauschaktion entstehende Reperaturkosten trägt der letzte Benutzer des betr. Buches.

Es steht selbstverständlich jedermann frei, Bücher geschenk- oder leihweise zur Verfügung zu stellen, und ich möchte ausdrücklich darum bitten, dass sich diejenigen meiner Kunden, die nicht Verwalter einer Gemeindebücherei sind, an der Evgl. Wanderbücherei auf diese Weise zu beteiligen.

Im nächsten Bücherbrief werde ich an dieser Stelle die ersten Titel bekanntgeben, die inzwischen durch die einzelnen Gemeindebüchereien eingesandt wurden und nun zur Ausleihung zur Verfügung stehen.


2. Der private Büchertausch.

Das Interesse meiner Kunden geht dahin, Bücher zu erhalten, die ihnen fehlen und die sie im Interesse ihrer wissenschaftlichen und praktischen Arbeit dringend benötigen. Mein Interesse geht dahin, möglichst viele Bücher zu erhalten, um das von mir angedeutete buchhändlerische Programm erfüllen zu können. Und zwar liegt mir nicht nur an gängigen Titeln, etwa der seit 1918 erschienenen theol. Literatur, sondern auch an evgl. und theol. Büchern aller Jahrhunderte einschl. frommer Bilder und geistl. Musik.

Viele solcher Titel lagern auch heute noch auf Speichern und in Truhen, ja, ich muBte sogar einige Male feststellen, dass sie von ahnungslosen Händen auf einen gewissen Ort gebracht worden waren - wahrlich ein Zeichen deutscher Not! Es ist höchste Zeit, dass diese vielleicht selten gewordenen alten Zeugen diesem wirklich letzten Verwendungszweck entrissen werden. Ich bitte deshalb meine Freunde darum, hier aufklärend und werbend zu wirken und die Früchte solcher Sammelaktionen evtl. Ihrer Gemeindebücherei durch Vermittlung der Evgl. Wanderbücherei zugute kommen zu lassen. Zu dieser Branche evgl. Schrifttums rechne ich auch solche Literatur, deren Verfasser nicht evangelisch waren. (z.B. Chr. v. Schmid, Ludw. Richter, Auerbach), die aber in ihren Büchern evgl. Wahrheit enthalten oder im schwächsten Falle nichts anderes sind als Bücher, die "lieblich sind und wohllauten".

Auf der ersten Interzonentagung der Vereinigung evgl. Buchhändler im Juli 1947, der ersten seit ihrem Verbot vor 10 Jahren, hörte ich, dass die evgl. Buchhandlungen der Großstädte den Büchertisch auf Preisbasis aufgebaut haben. Da es sich um gebrauchte Bücher handelt, werden sie mit einem um 20% unter dem damaligen Neupreis liegenden Preis ausgezeichnet. Der Ankauf erfolgt dann zu 2/3 dieses Altpreises, sodass der Erlös für den Verkäufer etwa die Hälfte des Neupreises beträgt. Dieses genaue, aber umständliche Verfahren möchte ich ersetzen durch ein Verfahren, das Titel gegen Titel setzt. Um meine Unkosten und die Lebenshaltung meiner Familie bestreiten zu können, gebe ich zwei Bücher ab, wenn mir drei andere dafür geschickt werden. Das entspricht ziemlich genau der Rechnungsart in den Großstädten und ist für die Kunden etwas günstiger als der Verlagsrabattsatz gegenüber dem Buchhandel.

Sonderfälle wie RGG, Kittels Theol. Wörterbuch zum NT, u.ä. bitte ich, mir besonders mitzuteilen. Es ist klar, dass ich nicht 3 Bände RGG gegen 2 Homiletiker eintauschen darf und will. Im übrigen ist zu diesem Thema noch zu sagen, dass zunächst ja die Geschmäcker verschieden sind. Darauf beruht ja überhaupt der ganze Tauschverkehr: dem einen ist ein Buch so unwichtig, dass er es abstößt, und der andere gibt sogar 1 1/2 Buch dafür her, um es nur zu bekommen. Und zum anderen: Der Verkehr zwischen dem Publikum und seinem Buchhändler ist Vertrauenssache. Um die Aktion zum Anlaufen zu bringen, bitte ich darum, mir schon jetzt Bücher zugehen zu lassen, damit ich Tauschangebote im nächsten Bücherbrief bringen kann. Die Ersteinsender haben dann die Möglichkeit aus den demnächst angebotenen Titeln das Benötigte auszusuchen oder auch solange zu warten, bis ihnen ein eintauschwürdiger Titel begegnet.

Die eingesandten Bücher sollen in Umfang und Einband den angebotenen in etwa entsprechen, und zwar sollen von den 3 eingesandten Büchern zwei theol.Inhalts sein, das 3. aber theol. oder belletristischen.

Ich bin jedoch auch mit Tausch auf Preisbasis einverstanden. Wer diese Art des Tausches bevorzugt, wird gebeten, auf einem beigelegten Zettel den seinerzeitigen Kaufpreis anzugeben. Die auf Preisbasis zu tauschenden Bücher erscheinen im Bücherbrief mit Preisangebot. Eine Kombination beider Tauscharten ist möglich. In diesem Fall wird der Preis der stückweise getauschten Bücher von mir ermittelt.

3. Gesuchte Bücher.

Inzwischen erhielt ich den schweren, aber ehrenvollen Auftrag, für die im Herbst zu eröffnende Theologische Hochschule der deutschen lutherischen Freikirchen die notwendige Bibliothek zu beschaffen. Ich lege daher besonderes Gewicht auf das Hereinkommen lutherischer Theologie und bitte meine Freunde, vor allem in der Lüneburger Heide und im Bayrischen Wald, ihre Bauern und Waldarbeiter auf die Jagd nach den alten "Tröstern" zu setzen, dabei aber weder die neueren Ausleger noch die alten Dogmatiker in ihren eigenen oder in ihrer Großväter Bücherschrank zu vergessen.

Zugleich sollen meine Kunden Gelegenheit haben, durch den Bücherbrief Titel suchen zu lassen, die sie dringend brauchen. Diese Titel werden an dieser Stelle angezeigt.

4. Besorgung verlagsneuer Bücher.

Die Schwierigkeit der gegenwärtigen Lage erhellt aus der Notwendigkeit, dass ich täglich etwa 20 Exemplare evgl. Literatur erhalten müßte, wollte ich jedem meiner 7000 Kunden , darunter 4500 Pfarrer, jährlich auch nur ein einziges Exemplar zur Verfügung stellen. Dieses eine Exemplar wäre dann zumeist auch noch ein Groschenheft. Tatsache ist jedoch, dass ich angesichts der von der Nachrichtenkontrolle festgesetzten Höchstauflage von 5000 Exemplaren je Titel wöchentlich kaum 20 Exemplare von allen evgl. Verlagen zusammen erhalte. Wie soll ich diese nun gerecht verteilen? Ist es nicht doch noch zu früh, meine Buchhandlung wieder zu eröffnen? Oder soll ich meine buchhändlerische Tätigkeit auf die bisher besprochenen Tauscheinrichtung beschränken? Dann wäre es aber doch schade, die auf mich entfallenden Exemplare der Neuproduktion nicht zu verwerten, trotz der Gefahr, mein Ansehen zu verlieren oder diesen oder jenen Kunden zu verärgern?!

Wer mir einen Ausweg bietenden Rat erteilen kann, sei herzlich darum gebeten.

Als Übergangslösung möchte ich vorschlagen, dass für jedes mir zum Tausch eingesandte Buch der betreffende Einsender das Bezugsrecht auf einen Titel der Neuproduktion erhält. Diesen neuen Titel teilt mir der Kunde dann mit. Ich versuche ihn zu beschaffen, sage aber heute schon, dass dies in den meisten Fällen vergebliche Mühe sein wird. Denn die angezeigten Neuerscheinungen sind bereits vergriffen. Praktisch wird es also so sein, dass ich aus den mir vom Verlag zugesandten Titeln zuteilen muß. Ich werde diese Verlagssendungen erst 3 Wochen nach Versand des Bücherbriefes an meine Kunden zuteilen, um auch den Kunden mit der schlechteren Postverbindung die Möglichkeit eigener Wahl zu lassen. Den nicht bestellten Rest werde ich unbestellt auf meine Kunden aufteilen, welche das Bezugsrecht durch Einsendung alter Bücher erworben und mir außerdem für diese Zusendung das bei mir nicht vorhandene Packmaterial zugesandt haben. Letzteres sollte immer zur Stelle sein, um auch Fortsetzungen ausliefern zu können.

Ausgewiesene und ausgebombte Kunden mögen mir mitteilen, dass sie ihre Bücher verloren haben. Hier plane ich ein anderes Verfahren.

Das ist alles andere als eine ideale Lösung, und wir wollen hoffen, dass nicht nur die allgemeine Lage sich bessern, sondern auch meine Bemühungen Erfolg haben werden entsp. meinen alten Verdiensten um die evgl. Literatur wieder mein alte Position gegenüber dem evgl. Verlag zurückzugewinnen, die ich durch meine zwangsweise Geschäftsschließung und durch den Verlust meines alten Arbeitsplatzes in Leipzig wider meinen Willen eingebüßt habe. Dazu hoffe ich, noch andere Quellen zur Beschaffung neuer Literatur erschließen zu können.

5. Anschriften.

Ich suche die gegenwärtigen Anschriften meiner früher in der jetzigen polnischen Zone ansässig gewesenen Kunden, ferner diejenigen Kunden, deren Namen mit den Buchstaben E bis Har und Kop bis Kz beginnen, da diese Blätter meiner Kundenliste verloren gegangen sind. Wer kann mir zur Ergänzung der Kundenliste das Deutsche kirchl. Adreßbuch von 1937, Müllers Deutsches Ortsbuch und einen Handatlas mit Ortsregister überlassen?

6. Theologische Bibliographie.

Wie in den früheren Jahren werde ich wieder sämtliche Neuerscheinungen der evgl. Theologie anzeigen und dazu die wichtigsten Titel aus den Randgebieten. Angesichts der Marktlage ist dies ein ausgesprochener Kundendienst.

Trotzdem übernehme ich diesen Dienst mit Freuden, nicht nur seiner wissenschaftlichen Bedeutung wegen, sondern auch in der Hoffnung, dadurch die unterbrochene Verbindung zu meinen Freunden wieder fest zu knüpfen.

Es bedarf unter Wissenschaftlern keiner Erörterung, dass die Mitteilung eines Titels aus dem gegnerischen Lager keine Empfehlung, sondern nur eine Information bedeutet.

Nach den Veröffentlichungen der Neuerscheinungen werde ich auch die Berichterstattung über die einzelnen Sachgebiete wieder aufnehmen.

(Bücherbrief Rudolf Heesen 1.September 1947 S1-S6)

1948 01.08. Nr.8 Seite 69

Gedicht von Rudolf Alexander Schröder: Unter Freunden zu singen:

 

Gott dank, dass ich euch habe,

nun alles sich verliert.

Euch, erst und letzte Gabe,

die keiner nehmen wird.


Ich eurer Treue halte

zu ewigem Gewinn,

um euch die Arme falte

und unverwundbar bin.


Lasst, lasst sie triumphieren,

wir treten neu hervor.

Was können wir verlieren?

Die Welt ist’s, die verlor.


Uns ist die Kraft gegeben,

die allem widersteht,

die aufrecht durch das Leben

auch unterm Leide geht.


Geduld, die unverrücket

im Fels die Wurzeln schlägt

und wachsend, was sie drücket,

hinauf zum Himmel trägt.


Ein Geist, den nicht’s bekümmert,

Ein Glaube, dem nicht graut,

der, wo das Haus zertrümmert,

den Tempel aufgebaut.


Der weiß, es wird den Erben

ihr Erbe nicht gekränkt,

braucht keiner drum zu werben,

dem alles ist geschenkt.


In unsres Kummers Tagen

wir haben wohl vermerkt,

je härter wir geschlagen,

je mehr sind wir gestärkt.


Wollt mir die Hände reichen,

versiegelt’s Mund auf Mund,

und unter allen Zeichen

bleibt es derselbe Bund.


Weil er mit seinen Gaben

in unsrer Mitte webt,

weil alles, was wir haben,

nach ihm die Hände hebt.

1948 01.09. Nr.9

Evangelischer Bücherbrief Nr.9 1.Sept.1948

des Buchhändlers Rudolf Heesen zuletzt in Leipzig,

jetzt wieder in 16-Korbach/Waldeck

Währungsreformierter (terminus Passivus) Schlußbericht über die Jahre 1933-48

Vorbemerkung für meine neuen Kunden:

Der im Geschäftsleben sonst ungewöhnliche persönliche Ton rührt her aus meiner persönlichen Verbundenheit mit meinen alten Freunden aus der DCSV, dem Bethel-Studentenbund und dem Theologischen Verein, von denen ich bis Kriegsausbruch etwa 2500 im ganzen Reich besuchte. Da ich den Bücherbrief aber nicht in 2 Ausgaben drucken kann, bitte ich, an diesem Ton keinen Anstoß zu nehmen.


Liebe Freunde!


Ihr seid es von früher her gewöhnt, dass ich offen über alles schreibe. Wenn dies auch oft genug "taktisch unklug" war, so hat es mir doch wenigstens Euer Vertrauen eingetragen, ohne welches ich die bösen und doch so erfolgreichen Jahre bis zur Schließung meines Leipzigers Geschäftes durch die Gestapo im Jan. 1942 nicht hätte überstehen können und für das ich Euch früher durch beste buchhändlerische Leistung gedankt habe und auch weiterhin dienen zu dürfen hoffe.

Was das dritte Reich nicht zustande gebracht hat, hat die "Währungsreform" erreicht - als hoffentlich letzte Folge jener unseligen Jahre: die völlige Vernichtung meiner Betriebsmittel. Die Schlußbilanz des Dritten Reiches und seiner Folgen sieht für mich so aus:




Verlust RM

Advent 1934

1. Flucht vor NS-Terror und Zwangsverkauf meines Geschäftes:

7.050,--

Jan 1942

2. Flucht vor KZ u. Schließung meines Geschäftes durch Gestapo:

-------,--

1943

Totaler Bombenschaden in Leipzig. Sachschaden:

78.691,94

1945

3. Flucht aus Sudetenland. Sachschaden:

Kapitalschaden:

14.406,21

10.001,--

1945/48

Blockierung und völlige Abschreibung meiner Bankguthaben in der russischen Zone:

51.260,12

1948

Sperrung meiner erst 1948 entstandenen Neuguthaben in der russischen Zone:

Verlust in den Westzonen durch die Währungsreform:


Davon ab die verbliebenen Aktiva:

Außenstände, Bestände der Versandleihbücherei, Warenlager, Inventar, Eigenmöbel

für 2 Eltern, 7 Kinder, 4 Arbeitsplätze

im Büro: 5 Stühle, 3 Tische, 3 Schränke,

5 Betten,

Geldbestände 197,--!: zusammen


Gesamtverlust 1933-48


5.523,81

9.912,95

176.846,03







+ 2.795,54

----------

174.050,49

 

An Kopfgeld fehlten mir sogar noch RM 4.600,--. In dieses Defizit stürzten die Tausende von RM-Zahlungen, die mir in den Tagen der Währungsreform noch seitens meiner Kunden zugingen - a fonds perdu! -, die mich aber zur Aufnahme von RM 6.600,-- Darlehen zwangen, um meinerseits meine Schulden bezahlen zu können, und mich nun mit 660,--DM weiter belasten.

 

Von der sozialen Verantwortung:


Wenn ich in Nr. 1 des Bücherbriefes vom 15.12.47 schrieb, dass die Erfüllung der vordringlichen Aufgaben der evgl. Schrifttumsarbeit nicht möglich sei auf der alten Grundlage des reinen Geschäftsbetriebes, sondern nur durch eine Gemeinschaftsleistung, in der ich selbst nichts weiter sein werde, als die Vermittlungsstelle, - so habe ich dieses mein Versprechen auf folgende Weise wahrgemacht:

1. F l ü c h t l i n g e:

Obwohl diese nur einen Bruchteil des Gehaltes bekommen und nach der Währungsreform vordringliche Ausgaben haben (Haushalt, Möbel, Wäsche, usw.), war ich unklug genug, zunächst deren Wünsche zu befriedigen und die sehr wenigen Bücher fast ausschließlich an diese Gruppe, an Ausgebombte und an Studenten weiterzugeben. Als weitere Hilfe organisierte ich die B Ü C H E R G E S C H E N K E , die hoffentlich weiterfließen werden. Die EVGL. W A N D E R B Ü C H E R E I , ebenfalls aus Geschenken entstanden, soll helfen, Gemeindebüchereien aufzubauen, die vor allem in den Gemeinden mit starkem Flüchtlingszugang so unendlich wichtig sind zur Schaffung einer bewußt christlichen Haltung und Erkenntnis. Den Flüchtlingspfarrer soll die t h e o l. V E R S A N D -

L E I H B Ü C H E R E I zur Kenntnis der neuen Literatur verhelfen, die sie von nun an noch weniger käuflich erwerben können als bisher. Allein dieser Zweig meiner Arbeit kostete mich bisher mehrere Tausend Mark!

2. O S T Z O N E:

Es war mir unmöglich, so zu tun, als ob Meine alten Freunde in der Ostzone, verstärkt durch viele aus Pommern, Schlesien usw., einfach nicht vorhanden seien. Es war mir unmöglich, sie im Stich zu lassen, die immer noch in der Bedrohung durch "organisatorische Verkrümmung" und in geistlichem Heißhunger leben und an der h e u t i g e n Front stehen. So habe ich fast ein Drittel aller meiner Lieferungen nach der Ostzone gehen lassen, - in Doppelbriefen, notabene, - trotz der üblichen "wohlmeinenden" Warnungen. Meine Freunde in der Ostzone werden mir verzeihen, wenn ich alle Lieferungen eingestellt habe, da ich bei DM 197,-- Betriebskapital keine a fonds Perdu-Sendungen mehr machen kann.

3. K E I N E H O R T U N G:

Um unter allen Umständen ein gutes Gewissen zu haben, haben wir, einschließlich meiner Frau und Kinder, in den Nächten vor der Währungsreform, z.T. bis 4 Uhr morgens, gearbeitet, um alle vorhandenen Bestände meinen Kunden zugutekommen zu lassen, so dass sich z.Zt. mein Lager fast ausschließlich aus Rücksendungen zusammensetzt, weil meine Kunden es mir nicht zumuten wollten, die im Preis nicht abgewerteten Bücher mit abgewerteten DM - Beträgen zu bezahlen. Privatkapitalistisch gesehen, war dies gewiß Unfug, aber aus brüderlicher Verantwortung heraus gehandelt.

4. R I N G T A U S C H und B I B L I O G R A P H I E nehmen außer mir die ganze Arbeitskraft eines zweiten Volltheologen, meines Herrn Pohl, in Anspruch. Sie sind ausgesprochener Kundendienst und haben bisher so gut wie nichts eingebracht. Aber sie sind, ebenso wie der ganze

B Ü C H E R B R I E F, das enge Band, das mich mit meinen alten Freunden und neuen Kunden verbindet und, wie ich hoffe, in Zukunft seine guten und ehrlichen Früchte tragen wird.

5. G E W I N N T E I L U N G:

Nachdem die Hungerjahre meines Neuaufbaus 1935 bis 1937 einer Besserung Platz gemacht hatten, setzte ich mich im Frühjahr 1939 mit meinen Leipziger Mitarbeitern zusammen, um eine Gewinnverteilung festzusetzen, der auch ich unterworfen war. Der Kriegsausbruch verhinderte die praktische Auswirkung. Nach der Wiedereröffnung meines Geschäftes im Dezember 1947 führte ich diese Gewinnverteilung sofort wieder ein und verzeichne als erste Folge, dass nach dem 20.6.1948 sich alle meine Mitarbeiter bereiterklärt haben, ohne Gehalt weiterzuarbeiten.

Die Marktlage im Buchhandel.

Kundenbriefe beschweren sich, dass jetzt Bücher lieferbar sind ,die noch einige Tage vor der Währungsreform von den Verlegern selbst auf Meldekarten als "völlig vergriffen" bezeichnet worden waren. Meine gegenwärtige Situation hat mich zu der schmerzlichen Erkenntnis gebracht, dass der Verlag so handeln mußte, wenn er die in unser aller Interesse notwendige Fortführung seiner Arbeit sichern wollte.. Durch die jetzt in Fülle eingehenden Angebote kommt der Verlag jetzt wieder zu Betriebsmitteln und auf diese gehorteten Bücher stürzen sich

1948 01.11. Nr.11 Seite 116

Papiermangel zwingt mich leider, diesen Bücherbrief in verkürztem Umfang herauszubringen. Sobald ich wieder Papiervorrat erworben habe, erscheint der Bücherbrief wieder in bisherigem Umfang und mit der wertvollen Bibliographie.

1948 01.12. Nr.12 Seite 123

Gratulation aller Mitarbeiter der Buchhandlung zum Weihnachtsfest 1948

... Hans Pohl, sein wertvoller Theologischer Begleiter

... Werner Titel, sein bester Bücherkolporteur

1948 01.01. Nr.1


Evangelischer Bücherbrief Nr.2 1.Februar 1949

des Buchhändlers Rudolf Heesen

zuletzt in Leipzig,

jetzt wieder in 16 Korbach/Waldeck


Immer ist es so gewesen

hier in diesem alten Land:

Wenn die Abendglocken läuten

gingen heim sie Hand in Hand.


Offen waren alle Türen,

und durch jede sprang ein Kind;

und zu Hause fand es betend

Vater, Mutter und Gesind -


Immer ist das o gewesen,

dass das Kind nach Hause lief,

heim zu Mutter, heim zum Vater,

wenn die Abendglocke rief.


Und nun läuten schon zu Abend

alle Glocken dieser Welt - - -

Brüder, kommt, wir gehen zum Vater,

eh’ die Nacht uns überfällt!


Richard Willy Biesold


Seite 2

Befreundete Verleger haben mir aus altem Wohlwollen die Warnung zugehen lassen, dass ich nach Weihnachten mit scharfen Maßnamen finanzieller Art zu rechnen hätte. Auch die evangelischen Verleger seien nicht gewillt durch übermäßige Kredite den Wiederaufbau meines Betriebes zu ermöglichen. Pfändungen und noch schlimmere Dinge stünden mir bevor.

Seit dem 21.6.1948 haben meine Kunden noch nicht die Hälfte aller Lieferungen bezahlt, sodass sich meine Lieferanten erst etwa zu einem Viertel befriedigen konnte, da von den Zahlungen meiner Kunden ja auch die Betriebskosten und der Lebensunterhalt meiner Mitarbeiter und deren Familien bestritten werden müssen. Auf meine Frage, wie ich denn mit den von mir erbliebenen DM 197.- Betriebskapital die Lieferungen an meine Kunden ermöglichen soll, antworte man mir, ich dürfe eben keinen Kredit geben und das Zahlungsziel der Verleger von 30 Tagen in keinem Fall überschreiten. Das ist natürlich unmöglich. Eine Anzahl evangelischer Verleger haben mir bereits die Lieferungen bis zur endgültigen Abdeckung meiner Schuld gesperrt, andere haben erhebliche Rabattkürzungen vorgenommen, andere beliefern mich nur noch gegen Wechsel!


1949 01.02. Nr.2


D e r n e u e T a g


Ich weiß von einen neuen Tag

schon in der tiefen Nacht - -

Mir kündet einer Glocke Schlag

sein Auferstehn mit Macht. -

Ich sehe seines Morgens Schein

schon in der Finsternis. -

Ich schreite in den Tag hinein

und bin des Tags gewiß.


Ich schreite über Schutt und Schuld

der Sünde meiner Zeit. -

Ich preise meines Gottes Huld

noch in des Büßers Kleid. -

Ich sehe durch sein Strafgericht

der Gnade Sonnenschein. -

Ich schreite in des Tages Licht

und kann nicht traurig sein!


Und sind um mich der Scherben viel:

Gott-Vaters Burg ist heil!

Und quirlt um mich vergänglich Spiel:

Ich weiß mein ewig Teil!

Ich weiß vom großen Auferstehn

des Volkes, dass gebüßt! - -

Ich hab den neuen Tag gesehn,

Der meines0 Volkes ist:


Den Tag des Rechts, den Tag der Zucht,

Der Wahrheit und der Treu. - -

Ich hab den Tag umsonst gesucht,

Da noch mein Volk war frei. - -

Nun, da mein Volk in Ketten geht

in tiefer Treuernacht,

nun weiß ich, dass er aufersteht

Der Tag von Gott gemacht! - -


Pfarrer Richard Willy Biesold 1945

1949 01.03. Seite 89


Verteilblättchen für den Kindergottesdienst mit Bildern von Paula Jordan

- Federzeichnungen mit biblischen Geschichten auf der Rückseite.


1949 01.05. Nr.5 Seite 129

Die vielen Rücksendungen des meinen Kunden kostenlos zugesandten Bücherbriefes zeigen mir dessen außerordentlichen moralischen Wirkung. Doch soll der Bücherbrief kein Versucher, sondern ein Freudenbringer sein. Durch seine Zusendung braucht sich als niemand dazu verführen zu lassen mehr zu bestellen, als es nach der Dicke seines Geldbeutels verantworten kann. - Wir haben selbst kein Geld! Rudolf Heesen


1949 01.11. Nr.11 Seite 289


Unser Ziel: In jedem Dorf

In jedem Kirchekreis

In jedem Haus

großzügige Schriftenmission!


1949 01.12. Nr.12 Seite 336


Kommt alle, kommt wie ihr seid

keine einz’ger ausgenommen!

Ihr könnt Vergebung, Fried und Freud,

von ihm geschenkt bekommen!

Zinzendorf

1950 01.02. Nr.2 Seite 33

RH schreibt: Schwierigkeiten und Hoffnung

Meine Schwester will ihr Haus in Korbach verkaufen, um uns zur Übersiedlung nach Stuttgart die notwendigen Mittel zu verschaffen.

In Erwartung dieser Mittel hat uns die Stadt Stuttgart zunächst einen Büroraum und die Zuzugsgenehmigung für meinen Sohn Hans-Georg und mich eingeräumt, damit wir an Ort und Stelle die notwendigen Arbeiten für den geplanten Ausbau vornehmen können.


1950 01.06. Nr 6 Seite 177

Wenn es gelingt unsere Arbeit unter dem Blickpunkt der Ewigkeit zu bringen, dann dient alles dem ewigen Ziel.

Friedrich von Bodelschwingh

1950 01.11. Seite 429

Buchanzeige: Klepper: Der Vater

1951 01.02. Seite 33-64


Evangelischer Bücherbrief 1.Februar 1951

des Buchhändlers Rudolf Heesen

in 14a Stuttgart Johannesstraße 11

Begründet 1937 als "Monatsbrief der Buchhandlung Rudolf Heesen

in Leipzig"

Seite 33: „Den evangelischen Bücherbrief erhalten alle meine Kunden kostenlos, aus deren Umsatz sich ergibt, dass der Bücherbrief ihnen auch den beabsichtigten Dienst tut.“


Abdruck des Liedes: „Hymne an Deutschland

von Rudolf Alexander Schröder 1878 - 1962

evgl. Theologe, Erneuerer des evgl. Kirchenliedes

(von GH zugefügt aus dem „Internet“: Diese Hymne an Deutschland ist ein Lied - nach dem Wunsch des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss - die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland hätte werden sollen. In einem Briefwechsel einigten sich Heuss und Bundeskanzler Adenauer schließlich 1952 darauf, das Deutschlandlied von Heinrich Hoffmann von Fallersleben als Deutsche Nationalhymne anzuerkennen. Die 3 Strophen haben jeweils eine der christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung, Lieb als Leitwort: Land des Glaubens, deutsches Land, - Land der Hoffnung, Heimatland - Land der Liebe, Vaterland)

Anmerkung Sohn Gerhard am 6.7.2018: Für diese Werte hat unser Vater stets und mit großem Einsatz gekämpft!


Stolze Freude ergriff mich, als ich hörte, dass einer der Unseren das neue Deutschlandlied schaffen durfte. - Mit demütigem Dank erfuhr ich dann den Text des Liedes. Wenn die Worte Hoffmanns von Fallerleben den Gehalt "deutschen Wesens" und deutscher Geschichte der letzten 100 Jahre tatsächlich annähernd richtig gekennzeichnet haben, - was könnten wir sehnlicher wünschen, als dass R.A. Schröder die Geschichte und das Streben Deutschlands und der kommenden 100 Jahre ebenso treffend kennzeichnet!? Der "rote Faden" ist biblisch! Ihn zu verwirklichen sind wir alle berufen! R.H.


Hymne an Deutschland


1. Land des Glaubens, deutsches Land,

Land der Väter und der Erben,

uns im Leben und im Sterben

Haus und Herberg, Trost und Pfand,

sei den Toten zum Gedächtnis,

den Lebend'gen zum Vermächtnis,

freudig vor der Welt bekannt,

Land des Glaubens, deutsches Land!


2. Land der Hoffnung, Heimatland,

ob die Wetter, ob die Wogen

über dich hinweggezogen.

Ob die Feuer dich verbrannt,

du hast Hände, die da bauen,

du hast Herzen, die vertrauen.

Lieb und Treue halten stand.

Land der Hoffnung, Heimatland.


3. Land der Liebe, Vaterland,

heil'ger Grund, auf den sich gründet,

was in Lieb und Leid verbündet

Herz mit Herzen, Hand mit Hand.

Frei, wie wir dir angehören.

schling um uns dein Friedensband.

Land der Liebe, Vaterland.


Gedicht: Rudolf Alexander Schröder

Musik: Hermmann Reutter

1951 01.12. Nr.12

Foto Jochen Klepper 22.3.1903 - 11.12.1942

Pfarrer, Schriftsteller und Liederdichter


Worte von Jochen Klepper aus der „Katharina von Bora“

Es ist nicht so wichtig, mit den Menschen über Gott, als mit Gott über die Menschen zu reden. Denn beim Reden über Gott bleibt den Redenden ja so viel Dekor! Weil die Welt ausgerichtet ist auf ein Buch, die Bibel, darum ist Bücherschreiben eine so große Sache, dass es nicht anders als mit Zittern und Zagen vor sich gehen kann. Ich danke Gott, dass er mir in diesen bitteren Wochen wieder Luther in die Hände gegeben hat; denn seine Sprache ist die einzige, die ich zu verstehen, die mich zu treffen vermag, vor der ich mich nicht mühen und quälen muss. Dass ich Ihn leidend lobe, das ist, was er begehrt. Denn auch alles andere Schreiben soll in die und zu der Heiligen Schrift weisen.“ (Luther)


1952 01.03. Nr.2 Stuttgart Johannesstr.11

S25 Gott zum Gruß! Liebe Evangelische Bücherfreunde!

Das neue Jahr hat für unsere Sache mit viel Sorge und not eingesetzt. Noch ist es nicht sicher, ob wir weiter arbeiten können - ob wir nicht zuletzt doch alle unsere Ziele aufgeben müssen. - Es sind zu wenige. die ernst damit machen. wir wissen wohl, wie schwer es ist, heute , wo Bücher für die Meisten ein Luxus sind, neue Mitglieder zu werben. - Es geht um viel mehr: es geht um den Kampf gegen Schund und Schmutz, für den immer noch viel Geld vorhanden ist - es geht um unserer Jugend, um unser Volk!

Der Vorstand der Evangelischen Bücherfreunde (gez.) Ma Pohl stellvertretende

Vorsitzende (Pastor Pohl war thelogischer Mitarbeiter von Rudolf Heesen


1952 01.03. Nr.2

S29 Ein anonymer Brief an Pfr.Boland (Evg.Bücherfreunde)

Sie haben als einzige Stelle den Versuch unternommen, einer großen Not mit neuartigen mitteln zu Leibe zu gehen. Sie sammeln Mitgliedsbeiträge, um durch Kolportage nicht nur die Schmutzflut einzudämmen, sondern durch ihre Buchgaben auch Besseres an deren Stelle zu setzen. Die evgl. Bücherfreunde sind die einzige, die nicht nur protestieren, sondern auch handeln.

„Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert!“ war unser Losungswort als Christliche Pfandfinder. Allein schon darum hat ihr Unternehmen Wert. Und ich will nicht beschämen lassen, sondern mit“taten“.

Spende von unbekannt 500 RM (soll wohl DM heißen) 22.10.1951.


1952 01.05. Nr.3

S57 Ich suche: 1. Einen jungen Theologen, nicht älter als 25 Jahre, ledig. Er soll nach der notwendigen Einarbeitungszeit meine rechte Hand werden. Einfühlungsvermögen, Organisationstalent und Zuverlässigkeit erforderlich.

2. Junges Mädchen, Mittelschulreife oder besonders begabte Volksschülerin, unter 20 Jahre alt, geistig interessiert und mit Erfahrung in kirchlicher Arbeit, bis spätestens 1.Juli zur Einarbeitung in Lebensstellung.


1952 01.06. Nr.4

S79 Auszug aus dem General - Anzeiger:

Soweit kommt es: Ein Kaufmann aus Bonn eilte in den frühen Morgenstunden mit Rucksack und Gewehr, ihm zur Seite sein treuer Jagdhund, zum Bahnhof. Er trifft einen Freund: „Nanu“ meinte der.

gehst Du die Außenständer eintreiben? Zahlen Deine Freunde so schlecht?

Das ganz böse Kapital: Als erste Mahnung verweise ich (RH) seit kurzem folgenden Text: Eine große Freude wäre es mir, wenn ich innerhalb der nächsten 10 Tage den Eingang meines Guthabens feststellen dürfte. Auch meine Lieferanten würden sich freuen. Auch meine Frau und meine Kinder würden sich freuen. Auch Sie würden sich freuen - nicht nur, weil Sie dann so viel Menschen eine Freude gemacht hätten, sondern weil Sie dann eine Schuld losgeworden sind. Lassen Sie sich die schöne Gelegenheit nicht entgehen und greifen Sie gleich zu ihrem Überweisungsheft.


1952 01.08. Nr.5 Neue Anschrift: Stuttgart Weilimdorf


1953 01.01 Nr.1

Familie Rudolf Heesen als Strichzeichnung

1. Frau Hildegard OKB - Oberkommando der Buchhandlung

2. Rudolf Werbung und Verärgerung der Kunden

3. Hans Georg Bestellbuch und Buchhaltung

4. Joachim Zeitschriften Fortsetzungswerke Expedition

5. Irmgard Ablage Allgemeine Verwaltung

6. Gerhard Schüler und Nutznießer

7. Karl Rudolf wie vor

8. Günther Lehrling + Nutznießer

9 Ingeborg Schülerin daneben Prospekte

Bücherbriefe fertig machen

10 Gisela Chansonette süßes Mädchen für alle

etatmäßig = 10% seelische Aufmöbelung des Betriebes


1953 01.01. Nr.9 Seite 233 (Büroklammer)

Weihnachtsnummer (im Ordner Bücherbrief 1953)

Der du allein der Ewige heißt

und Anfang, Ziel und Mitte weißt,

bleib du uns gnädig zugewandt

und führe uns an deiner Hand.

Jochen Klepper


1953 Nr.9 (Büroklammer)

Foto von Walter Thibault + (in Uniform)

weiland Prokurist der Firma Rudolf Heesen, Fachbuchhandlung für

evangelische Theologie und Gemeinde in Leipzig


1953 Nr.9 (grüne Büroklammer)

Die gute Mär wird wieder neu.

Gott will, dass alle Welt sich freu:

Noch einmal kommt der Sohn zur Erden,

es soll noch einmal Frieden werden.


Schon brennt im Stall das Weihnachtslicht,

schon sprach der Engel: “Fürchte nicht.“

Sang laut: „Das Erste ist vergangen,

das neue Jahr hat angefangen.“


Ein gnädig Jahr, ein Jahr des Herrn,

darüber steht der Jakobsstern,

der einst des Morgenlands Propheten,

berief, vorm Kindlein anzubeten.


Ja, Jesus frommster Gast der Welt,

mach wahr dein Wort, wo dir’s gefällt;

Auf finstrem Steg, im Tal der Schrecken

sei mein Begleiter, Stab und Stecken.


Da schenk mir ein, da brich dein Brot,

dann hat mein Hunger keine Not.

Komm Tag für Tag mein Herz erneuern

und lehr mich ewig Weihnacht feiern.


Weihnachtsgedicht von Rudolf Alexander Schröder 1878-1962

1935 Mitglied der bekennenden Kirche

1953 veröffentlich im Bücherbrief der evgl. Versandbuchhandlung Rudolf Heesen


1954 01.02.

S26 Wem der Teufel ein Amt gibt...

Der Karneval wird bald vorüber sein, jedenfalls in den katholischen Gegend wird er mit dem Aschermittwoch sein Ende finden. Es ist tief beschämend, dass der Karneval in vorwiegend evangelischen Gebieten Eingang gefunden hat - dank der allgemeinen Lebensangst und der “Torschlusspanik“ der Massen mit ihrem sich Austobenwollen und Allesvergessen um jeden Preis. Und es ist tief beschämend, dass man den Karneval in evangelischen Gegenden diese Grenze des Aschermittwoch nicht absetzt, sondern in die Passionszeit hinein - und durch sie hindurch - tanzt. Was der Karneval bringen wird, wieder einmal und wieder in steigendem Maße bringen wird, wissen wir: Zunahme der Ehescheidungen und Ehezerrüttungen. Zudem Geschlechtskrankheiten, Zunahme der Jugendverwahrlosung. Darüber ist im kirchlichen Raum genug geschrieben, gesprochen und gepredigt worden. Was man bisher nicht wusste, dass es bei diesem Karneval so etwas wie „Ämter“ gibt. ... Der Deutsche hat - oder hatte jedenfalls - immer besondere Achtung vor einem Amt und dessen Träger ... (Seite 26 + 27)

Buchbesprechungen:

S51 Field Rachel: Hölle, wo ist dein Sieg?

Ein sehr guter Frauenroman RH

S52 Theodor Haering: Schwabenspiegel: Ein liebesherzvolles, humoriges

kenntnis- und geistreiches Buch RH

S52 Kurt Ihlenfeld: Kommt wieder, Menschenkinder:

Ein Gottesleugner berichtet seinen Genossen RH

S59 Paul Schneider: Der Prediger von Buchenwald:

Ob nicht das Deutsche Reich darüber zerbricht? Es berührt einen

heute ganz eigen, wenn man sieht, wie die großen Propheten des AT

der fast völligen Vernichtung ihres Volkes so kalt und

entschlossen ins Aug sehen (Auszug aus Schneiders Tagebuch) RH


1954 01.05. Nr.4

S78 Evangelische Bücherhilfe e.V.

Diese Seite verdanken wir der Verbundenheit unseres Freundes R.Heesen mit unserer Arbeit, die Weiterbesteht, obwohl er wegen seiner sonstigen großen Beanspruchung keine Zeit mehr zur mithilfe hat.

1954 01.10. Nr.5

Ausführlicher Bericht über den Brand am 11. Mai 1954


1954 01.02. Nr.7

S165 ... „Rückblick“ allerdings bestätigen die statistischen Ermittlungen für das Jahr 1954 unsere schon im Vorjahr vorhandenen Ermutungen, dass der Bücherbrief nur einen „moralischen Erfolg“ hat und „keinen kaufmännischen.“

Fortfall von bisher 9 auf nur noch 6 Bücherbriefen im Jahr. Jede Nummer kostet 1160 DM


1955 15.06. Nr.8

Wir sind umgezogen nach Stuttgart Plattenhardt Distelklinge 1

Wir hoffen, dass dies unser letzter Wohnungswechsel gewesen ist, denn wir haben ohne Zweifel den Umzugsrekord erreicht: In fast 25 Jahren ist Plattenhardt unsere 21. Wohnung. Nur dieser letzte Wohnungswechsel erfolgte völlig freiwillig. In 4 Fällen war er beruflich bedingt, alle anderen Umzüge waren erzwungen. Doch konnte ich dankbar feststellen: Als die 2. politische Verfolgung vor Weihnachten 1941 einsetzte, hatten sich die Spuren der 1. bereits verwischt. Und unsere Ausbombung 1943 in Leipzig hatte zur folge, dass wir nach dem Zusammenbruch nicht in Leipzig, sondern in Westdeutschland waren, so dass auch über unser Wohnungsnöte eine gnädige Hand waltete. Sie ergeben wirklich einen „Roman, den das Leben schrieb.“ Hier das Gerippe:


01.11.30 - 31.03.31 Göttingen Anschließend Selbständigmachung in:

01.04.31 - 31.12.34 Korbach Geschäftsaufgabe wegen politischer Verfolgung

01.01.35 - 31.03.35 Korbach kleine Notwohnung - dann Neuanfang in:

01.04.35 - 30.09.36 Leipzig Hospitalstr.32

Kündigung wegen Ruhestörung durch unsere Kinder

01.10.36 - 30.11.37 Großstädteln Kr.Leipzig

Berufung in den Martin Luther-Verlag

01.12.37 - 30.04.38 Erlangen Goethestr.4

Rückkehr nach Leipzig,da genannter Verlag verkauft wurde

01.05.38 - 15.08.38 Leipzig Salomonstr.11 nach dem Einzug Verkauf des Hauses

16.08.38 - 15.10.41 Naunhof Bez.Leipzig Rückkehr nach Leipzig wegen

Arbeitsüberlastung durch tägl.Fahrten+ Mitarbeitermangel

16.10.41 - 04.12.43 Leipzig Gellertstr.5 ausgebombt + evakuiert nach

05.12.43 - 28.02.45 Eichwald Kr. Teplitz-Schönau CSR von hier Fluch nach

04.03.45 - 30.04.45 Korbach Laakerweg 17 elterliches Haus,

dann eigene Wohnung

01.05.45 - 04.07.45 Korbach Philosophenweg 10 Beschlagnahme von Amerikanern

07.07.45 - 15.11.45 Korbach Petershof von hier als Schulleiter nach

16.11.45 - 31.08.47 Schwalefeld-Waldeck dann Wiederaufnahme buchhän. Arbeit

01.09.47 - 31.03.48 Korbach Ensinger Str. 3 bis dahin hatte die Familie

in 2 Orten und 3 Wohnungen gelebt, jetzt wiedervereint

01.04.48 - 04.04.50 Korbach Bahnhofstr. 6 anschließend Übersiedlung nach

05.04.50 - 10.05.50 Stuttgart Johannesstr. 23

Fußfassendes“ Provisorium nur 33 qm

21.05.50 - 30.06.52 Stuttgart Johannesstr. 11 Druckereikeller gekündigt nach

Aufhebung des Mietvertrages für gewerbliche Räume

01.07.52 - 30.06.55 Stuttgart Weilimdorf Ludmannstr.

ab 01.05.55 Plattenhardt


Diese Wohnungen betreffen nur meine Frau und die jeweiligen Kinder.

Meine eigene Odyssee ist wesentlicher umfangreicher - auch außerhalb der Militärzeit


1955 01.10 Nr.9

Seite 242 Abbildung: Ein im Baum hängendes Pin-up-Girl bietet einem Mann einen Apfel an.

Streitthema: Drei in einem Heft vom Bertelsmann-Verlag

Sehr ausführliche, detaillierte Begründung für die unzweideutige Darstellung und Deutung diese Bildes RH


1956 01.02. Nr.1

Auseinandersetzung - Bertelsmann – Heesen

Vereinigung evg. Buchhändler e.V.in Stuttgart 9.1.1956 10 Std. Sitzung

S1 --> Text der Verhandungsergebnisse: Bücherbrief 1/1956

In der kirchlichen Öffentlichkeit sind 2 offen Briefe des Buchhaändlers Rudolf Heesen in Stuttgart Plattenhardt verbreitet worden, die sich gegen den Verlag C.Bertelsmann in Gütersloh richten. Zur Schlichtung der daraus entstandenne Differenzen haben beide Seiten die Vereinigung Evangelischer Buchhändler als die zuständige Organisation angerufen. Am 9.1.1956 hat in Stuttgart vor dem Ältestenrat der Verenigung evangelischer Buchhändler eine Schlichtungsverhandlung stattgefunden.

S1-3 --> Wortlaut der Schlichtungsverhandlungen  

S3 --> Ich habe in Leipzig vor der Kristallnacht 1938 an bis über die Schließung meiner Buchhandlung durch die Gestapo und über meine Flucht vor dem KZ im Januar 1942 hinaus Verfolgte des Dritten Reiches illegal beschäftigt, darunter den jüd. ehemaligen Staatsanwalt D. (jetzt wieder Staatsanwalt in Leipzig) und bin Inhaber des amtlichen Sonderausweises für politisch, rassische und religiös Verfolgte.

S6 -S7 Evangelische Buchhilfe = EB e.V.

Die Güte von Herrn Heesen stellt uns diese Seite (in diesem Bücherbrief zur Verfügung) zur Verfügung.“

S11 Buchbesprechung: Elisabeth Dreisbach: „Heilige Schranken“

1956 01.05. Nr.2

Stuttgart Plattenhardt

S26 Kiriath Yearim: So wichtig und richtig das Stuttgarter Schulbekenntnis (1945) und das Wort der Synode von Berlin-Weißenee (1950) über unsere Schuld an Israel auch war, so dürfte es doch nicht bei einer Deklamation von Worten zur Schuld bleiben. Um an einer Stelle Buße zu tun, hat sich im Anschluss an den Stuttgarter Kirchentag (1952) ein Freundeskreis des schweizer Kinderdorfs Kiriath Yearim gebildet. In diesem Kinderdorf werden z.Zt. 72 Kinder, die durch Verfolgung seelisch und körperliche besonders gelitten haben, vorbildlich betreut und erzogen. Der schöne Anfang des gebildeten Freundeskreises dieses praktischen Dienstes an Israel ...

S50-56 Auseinandersetzung: Sonntagsblatt - Hampe - Gärtner - Heesen

956 01.06. Nr.3

1100 gelesene Bücher in Kurzberichten

Christlich kommt von Christus und evangelisch von Evangelium. Für die christliche Bewertung genügen also religiöse oder ethische Tendenzen oder Inhalte nicht. Die literarische Beurteilung erfolgt ausschließlich unter dem Gesichtspunkt, ob es dem Verfasser gelungen ist, ihre christliche Absicht auch entsprechend einzukleiden.

Wenn ich ein Buch von B.Schmidt Eller als literarisch gut bezeichne, so will ich sie damit nicht auf die gleiche Stufe Stellen wie etwa Goethe, C.F. Meyer oder ähliche!


1956 01.09. Nr.4

Wer soll die Kalender unter die Leute bringen?

Im Dritten Reich blieb nach den Bestimmungen der RSK (Reichsschriftentumkammer) nur der Pfarrer übrig. Trotz arischer Großmütter und trotz Kirchenkampf haben damals die Pfarrer die Gesamtauflage aller christlichen Kalender fast verdoppelt.


1956 20.11. Nr.5

Auflistung der 1100 gelesenen Bücher nach Fachgebieten

Rudolf Heesen Stuttgart - Plattenhardt

Wir grüßen unsere Freude und Kunden RH + HH + / Kinder

Unvergessliche Bilder von Karl Kühnle

Register der im Evgl. Bücherbrief vom 1.6.1956 verzeichneten und von mir gelesenen 1100 Bücher


1964 12.06.


Nachruf:

Die Wartburg

Mitteilungen des Wartburg-Kartells Evang.-Akadem. Verbindungen

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4. Jahrgang, Nr. 1 Hannover Dezember 1964

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Aus alledem ergibt sich,

dass ein Christenmensch lebt nicht in sich selbst,

sondern Christo und seinem Nächsten:

in Christo durch den Glauben,

im Nächsten durch die Liebe.

Martin Luther

(Von der Freiheit eines Christenmenschen.)


Rudolf Heesen

19o5 bis 1964

 

Am 28. Februar 1905 wurde Rudolf Heesen in Aachen geboren. Von 1923 bis 1927 studierte er in Bethel, Bonn und Leipzig Theologie. In Leipzig ging er zum Evangelischen Buchhandel über und war zunächst bei J. F. Steinkopf, später bei Vandenhoeck und Ruprecht in Göttingen tätig.

Nach seiner Heirat 1930 übernahm er 1931 in Korbach/Hessen eine Buchhandlung. Nach der Machtübernahme geriet er recht bald in scharfen Gegensatz zum Nationalsozialismus und wurde ein Vorkämpfer der bekennenden Kirche in Waldeck. Seine flammenden Proteste gegen die Judenhetze führten zum Boykott durch die NSDAP und damit zum Verlust seiner Existenz. Unter fluchtartigen Umständen verließ er Korbach.

1935 gründete er in Leipzig die "Fachbuchhandlung für evangelische Theologie". Er begann mit der Herausgabe der "Evang. Bildblätter" für den Kindergottesdienst. Wiederum geriet er durch seinen aktiven Einsatz für die Verfolgten des damaligen Regimes, die hungernden Juden und die "Bekennende Kirche" in den Gegensatz zur Partei und Reichsschrifttumskammer. Nur durch seine freiwillige Meldung zum Kriegsdienst entging er der drohenden Verhaftung. Seine Buchhandlung wurde geschlossen.

Nach 1945 begann er ein drittes Mal, nun in Stuttgart, mit einer "Evangelischen Buchhandlung". Seinen Bücherbrief mit kurzen, sachlichen Bemerkungen zu allen Neuerscheinungen versandte er an alle evangelischen Geistlichen Deutsch­lands. Dadurch wurde er bekannt und beliebt. Aber sein Herz war müde geworden.

1960 übergab er seinen beiden ältesten Söhnen seine Buchhandlung, die sie in Plattenhardt/Württemberg in seinem Geiste weiterführen. Er selbst zog sich in die Pfalz zurück. Am 12. Juni 1964 wurde er aus diesem Leben abberufen.

In der Rheinmark in Bonn war er aktiv geworden. In Leipzig und Göttingen war er ein tätiger Bundesbruder, immer bestrebt die Ziele seines Bundes und seines Kartells zu fördern. Dieses Interesse hat er im gleichen Maße auf die neuen Ziele des Wartburg-Kartells übertragen. So ist er auch der Aktivitas kein Unbekannter geblieben. Sein Leben ist uns Vorbild und Auftrag.

w. B o r e e (Coburgia Göttingen)

2010 12.04. Nachtrag von Gerhard Heesen:

Nachforschungsauftrag nach dem versteckten jüdischen Mitbürger

 

Gerhard und Ingrid Heesen Kirchheimer Str. 30 73257 Köngen

Tel. 07024/81931 www.gerhard.heesen@web.de

Mitglied Nr. 206832 beim DRK Esslingen bei Stuttgart


An das 12.4.2010

Comite international

de la Croix-Rouge GEN/ARCH 19,avenue de la Paix 1202 Geneve SCHWEIZ


Sehr geehrte Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes!


Heute trete ich mit einer ganz besonderen Bitte an Sie heran:

Ich möchte in Erfahrung bringen, welchem jüdischen Mitbürger mein

Vater Rudolf Heesen von ca. 1938 - 1943 durch ein Versteck in der

Gellertst.5 in Leipzig das Leben gerettet hat. Dieser Mann war bei

ihm illegal beschäftigt und daher nirgendwo registriert.

Hinweis: Er hatte über den Suchdienst des DRK ein Dankschreiben an

meinen Vater geschickt, welches leider verloren gegangen

ist.

Nachtrag vom 12.4.2010:

(Diesen Nachtrag haben die beiden ersten Anlaufadressen -

siehe Seite 4 - leider nicht erhalten, da mir das

Folgende erst später in Erinnerung kam.)

Inzwischen habe ich in alten Unterlagen meines Vaters

nachgeforscht, ob ich einen Hinweis in dieser Sache

finde. Dabei hatte ich einen kleinen Erfolg:


"In seinem 1. Bücherbrief nach dem Krieg, der am 15.

Dezember 1947 erschien, entdeckte ich einen Hinweis auf

die Beschäftigung eines "Volljuden", den er seit 1938 in

seiner Buchhandlung in Leipzig beschäftigt hatte.


Da es verständlicherweise fast unmöglich ist, einen

Menschen ohne Namensnennung usw. zu finden, fiel mir beim

Lesen dieser oberen Zeile spontan ein Name ein, den ich

als Kind öfters in unserer Familie gehört habe. Der Name

ist dem Klang nach: "Tibo". Die genaue Schreibweise kenne

ich leider nicht, er könnte sich vielleicht so schreiben:


Thibo oder Tibo also jeweils ohne "h"

Thiboh Tiboh

Thibau Tibau

Thibaut Tibaut (Thibault, wie ich später herausfand)

(evgl. Bücherbrief 28.2.1939 + 31.1.1940)


Bedauerlicherweise sind mir so gut wie keine weiteren Fakten bekannt. Daher berichte ich erst einmal, was ich sonst noch weiß:

Zunächst ein paar Angaben zu meiner Person:

Ich wurde am 4.2.1936 als 4. von später 8 Kindern in Leipzig geboren. Wir wohnten in der Gellertstraße 5. In diesem Haus hatten meine Eltern in einem für mich nicht bekannten Zeitraum einen jüdischen Mann in seiner Bibliothek für altertümliche Literatur versteckt. Dieser Raum war mit einer Schranktür verschlossen, so ähnlich wie das Versteck von Anne Frank in Amsterdam.

Wir Kinder durften vorher diesen Raum normaler Weise betreten. Eines Tages sagte mein Vater: "So, Kinder, schaut euch nochmals die schönen alten Bücher an. Ich werde jetzt den Raum verschließen, damit ihr auf keinen Fall mal ein Buch herausnehmen könnt." Wir Kinder hatten jedoch keine Ahnung über den wahren Grund dieser Handlung. Erst nach dem Krieg erzählten uns die Eltern das Geheimnis. Wir waren stolz, dass unsere Eltern so mutig waren und sich selbst und unser Leben riskiert hatten. Dass wir von unseren knappen Lebensmittelkarten auch noch diesen in Todesnot befindlichen Mann versorgten, beglückte uns erst nachträglich.

Dann vernichtete am 4.12.1943 ein Bombenangriff unser Haus. Weder meine Mutter noch die 2 "Pflichtjahrmädchen" noch die Kinder haben diesen Mann bei all dem Durcheinander aus dem brennenden Haus flüchten sehen!

1947 eröffnete mein Vater wieder seine Versandbuchhandlung, diesmal in Korbach Kreis Waldeck - Nordhessen. Ca. 1951 zogen wir um nach Stuttgart, Johannesstraße 23, später in die Ludmannstraße in Stuttgart- Weil im Dorf, später nach Plattenhardt auf den Fildern.


Irgendwann erhielten meine Eltern eine Nachricht von diesem für uns namenlosen Mann. Er hatte die Adresse meiner Eltern über den Suchdienst des internationalen Roten Kreuzes erfragen können. Er bedankte sich auf's Herzlichste, dass meine Eltern so viel Mut und Liebe eingesetzt hatten, und ihn vor den Nazis geschützt hatten.

Leider ist dieser Brief verloren gegangen, denn meine Eltern haben infolge des Krieges und der Nachkriegswirren und der großen Kinderschar in ihrem Leben 23! mal die Wohnung wechseln müssen. Zu Lebzeiten meiner Eltern hat sich leider keines der Geschwister die Mühe gemacht, Nachforschungen anzustellen. Jetzt ist das DRK unsere letzte Hoffnung, etwas in Erfahrung zu bringen.


Nun zu meinem Vater:

Mein Vater - Rudolf Heesen - geboren 28.02.1905 in Aachen

(gestorben 12.06.1964 in St.Martin / Pfalz)

eröffnete 1935 in Leipzig eine Versandbuchhandlung für evangelische Theologie. Er gab ohne Genehmigung der Reichsschriftentumkammer seinen "Monatsbrief" heraus, in dem er seinen Kunden im gesamten damaligen Deutschen Reichsgebiet die wichtigsten Neuerscheinungen vorstellte, die teilweise durch vertrauliche Verbindungen, die bereits weit vor Kriegsausbruch geknüpft worden waren. (Er war auch Mitglied im Wartburgbund - einer theologischen Widerstandsgruppe)

Um die Jahreswende 1941/42 erfolgte der Zugriff durch die Gestapo. Das Geschäft wurde geschlossen. Mein Vater konnte sich aber noch rechtzeitig dem KZ entziehen, da er bei der Wehrmacht als begehrter Dolmetscher für holländische "Kriegsgefangene" bzw. "Internierte" bei der Wehrmacht eingesetzt wurde. (Er war holländischer Abstammung und beherrschte 7 Sprachen) Meine Mutter - Hildegard von Treskow - wohnte weiterhin bis zum Totalverlust des Hauses beim Bombenangriff am 4.12.1943 in Leipzig in der Gellertstr. 5

Durch das vorbildliche Verhalten meiner Eltern hatten wir Kinder eine positive Einstellung zum jüdischen Volk. Meine besondere Vorliebe gilt den sehr informativen und künstlerisch interessanten Briefmarken dieses Landes. Ich beziehe diese postfrisch aus Israel.


Nun hoffe ich, dass Sie mit den paar Angaben etwas herauspicken können, um unseren Wunsch zu erfüllen.

Uns ist klar, dass dieser Mann nicht mehr lebt, aber er war vielleicht verheiratet und hat Kinder, die ca. um die 75 alt sein könnten oder sogar Enkel. Dies tiefgründiger zu erforschen wäre eventuell ein weiterer möglicher Schritt. Denn gerne würden wir mehr über sein weiteres Leben nach der vermutlichen Flucht aus Deutschland usw. erfahren. Sie sehen also, welche Motive uns bewegen.

Vielleicht führen Ihre Bemühungen rasch zum Erfolg, denn es könnte sein, dass Sie unter dem Namen "Rudolf Heesen" einen Hinweis zum Erfolg finden. (Der Firmenname wird von unserer Schwägerin, Neffen und Nichte Heesen unter "Buchhandlung Heesen - Freudenstadt" weitergeführt, aber da sind kein Informationen in unserem Sinne zu finden.)


Hinweis: 1. Meine erste Anlaufadresse war:

DRK Suchdienst München

Zentrale Auskunfts- und Dokumentationsstelle

Chiemgaustr. 109

D-81549 München

Tel 089/680773-0


Leider hatte ich den eventuellen Namen "Tibo" noch nicht

erwähnt, siehe meine Erklärung auf Seite 1 - oben

Diese Leute konnten mir aber leider nicht weiterhelfen.

Ich wurde dann vermittelt nach:

2. ITS Internationale Suchdienst

Postfach 1410

D - 34444 Bad Arolsen


Diese antworteten mir am 30.3.2010 mit dem

Aktenzeichen (26.03.2010)-028 RF


Leider hatte ich den eventuellen Namen "Tibo" noch nicht

erwähnt, siehe meine Erklärung auf Seite 1 - oben

Leider hatten sie auch keinen Erfolg

Sie empfahlen mich nun weiter an Sie - in der Schweiz



Hier der Kopf seines monatlich erschienenen Bücherbriefes, in dem ich den Hinweis auf den jüdischen Mitarbeiter meines Vaters fand. Ob das der "versteckte" Jude war, weis ich nicht.

Evangelischer Bücherbrief Nr.1 15 Dezember 1947

des Buchhändlers Rudolf Heesen

zuletzt in Leipzig,

jetzt wieder in 16 Korbach/Waldeck


Publication authorized by Publications

Control Branch, Kassel, Det. Information

Control Division OMG for Hesse under number 8


Nun der eventuell wichtige Textauszug:


..... "Dass ich (Rudolf Heesen) außerdem seit 1938 einen christlichen Volljuden schwarz beschäftigte, der nachher auch mein Geschäft liquidierte, bekam sie (die Gestapo) jedoch nicht heraus....."



Es wäre wunderbar, wenn Sie Erfolg hätten!

Buchhandlung Heesen:
Gegr. 1. August 1934 in Korbach durch Rudolf Heesen.
Infolge ihrer bewusst evangelischen Haltung geriet die Firma schon bald nach ihrer Gründung mit den Nationalsozialisten und den Deutschen Christen in Konflikte, so dass Rudolf Heesen Ende 1934 Korbach verlassen musste.
Das Ladengeschäft wurde mit großem Verlust verkauft. Heesen eröffnete 1935 in Leipzig eine Versandbuchhandlung für evangelische Theologie, die einen erfreulichen Aufschwung nahm, vor allem weil seine "Monatsbriefe" die Kunden in offener Weise über alle wichtigen Vorgänge und Neuerscheinungen unterrichteten. Die "Monatsbriefe" erschienen illegal und waren bei der Reichsschrifttumskammer nicht angemeldet. Um die Jahreswende 1941/42 erfolgte der Zugriff der Gestapo, das Geschäft musste geschlossen werden, die Strafe lautete Geldbuße und Überführung ins KZ. Dieser konnte sich Heesen entziehen, indem er als Dolmetscher bei der Wehrmacht untertauchte.
Ein Bombenangriff vernichtete 1943 Wohnung, Materialiensammlung, Archive und Manuskripte vollständig. Ab 1947 erschienen die Leipziger "Monatsbriefe" als "Evangelische Bücherbriefe".
1957 übernahm Rudolf Heesens Sohn Hans-Georg die Firma. Hans-Georg wechselte den Sitz der Versandbuchhandlung 1964 nach Freudenstadt im Schwarzwald. In eigener Herstellung wurden die
Bücherbriefe als Buchbesprechungen und als Werbeträger versendet.
1993 bis 2007 wurde der Familienbetrieb von der Tochter Ingrid Heesen geführt, zum 1.1.2008 wurde die Buchhandlung an den Bruder Dieter Heesen übergeben. Die Betreuung der Internetseiten, des Bestellwesens, der Auftragsbearbeitung und der Versand liegen weiterhin in der Familie Heesen.
Buchhandlung Heesen e.K.
Panoramastr. 10
72290 Loßburg

Inhaber: Dieter Heesen

HRA 430482 beim Amtsgericht Stuttgart
Umsatzsteuer-ID-Nr. DE 258163588

www.buchhandlung-heesen.de
www.theologische-buchhandlung.de
Buchhandlung.Heesen@t-online.de
info@theologische-buchhandlung.de
 
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