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Erster
Weltkrieg |
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Ann-Kathrin Fett Briefe aus dem
Krieg Die Feldpost als Quelle von 1914 bis 1918
Kohlhammer Verlag, 2020, 220 Seiten, kartoniert,
978-3-17-036744-9 28,00 EUR
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Es fällt uns heute schwer, uns die unmenschlichen
Bedingungen auszumalen, unter denen die Soldaten im Ersten
Weltkrieg an den verschiedenen Frontabschnitten kämpften, da die
historischen Quellen, wie etwa Zeitungsartikel, Frontberichte
oder offizielle Verlautbarungen in vielfacher Hinsicht ein
verzerrtes Bild von der Situation an der Front liefern. Denn zum
Einen wurden die Beschreibungen in der Regel von Personen
verfasst, welche die Schrecken der Grabenkämpfe nur unzureichend
kannten. Zum Anderen gab es im Krieg eine strikte Zensur, deren
Ziel es war, die Kampfmoral der Bevölkerung aufrecht zu
erhalten. Die Widergabe der Stimmung bei den Truppen wurde daher
in geradezu systematischer Weise geschönt. Wie jedoch fühlten
sich die einfachen Soldaten tatsächlich? Wie entwickelte sich
die Stimmung im Verlauf der Kriegsjahre? Was dachte man an der
Front über die Entscheidungen der Regierung und des
Generalstabs? Hielt sich die anfängliche Kriegseuphorie oder
stellte sich mit andauerndem Schrecken zunehmende Ernüchterung
ein? Diese und viele weitere Fragen sind nicht nur für
Historikerinnen und Historiker von brennendem Interesse.
Vielmehr könnte die Beantwortung dieser Fragen den Ersten
Weltkrieg in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen.
Ann-Katrin Fett wertet nun die bisher viel zu wenig beachtete
Quellengattung der Feldpostbriefe aus. Diese Briefe -
ausgetauscht zwischen Frontsoldaten und ihren Lieben in der
Heimat - gewähren wie kein zweites Medium Einblicke in die
Gedankenwelt einer Menschengruppe, die ansonsten in den
historischen Quellen kaum einen Niederschlag gefunden hat. Sie
geben intime Gefühle und Einschätzungen weitgehend ohne
Hintergedanken wieder und lassen gesellschaftliche Stimmungen
und überpersönliche Wahrnehmungsmuster erkennen. Die Autorin
untersucht, wie die brutalen Materialschlachten und endlosen
Kraterlandschaften den Blick der Zeitgenossen auf den Tod und
die eigene Sterblichkeit veränderten und wie sich dies
schriftsprachlich niederschlug. Sie analysiert, welche
Dissonanzen sich durch die unterschiedlichen Erfahrungswelten
von Front und Heimat ergaben und welche Rolle die Feldpost bei
der Überbrückung derselben spielte. In den Briefen lassen sich
zahlreiche sprachliche Bewältigungsmechanismen und beschwörende
Sprachhandlungen nachweisen, die eine Distanz zur Kriegsrealität
schufen. Häufig äußert sich dies durch Aussparungen und
Verharmlosungen sowie durch eine starke Konzentration auf
alltägliche und scheinbar unpolitische Themen. Durch ihren
sprachwissenschaftlichen Ansatz gelingt es der Autorin
aufzuzeigen, wie sich die Menschen über die Jahre hinweg zu dem
andauernden Ausnahmezustand in ihren Briefen positionierten.
Eine wichtige Erkenntnis ist, dass sich die Sprache in den
Feldpostbriefen zwischen 1914 und 1918 verändert hat; daraus
wiederum gelingt der Autorin die Herleitung einer allgemeinen
mentalitätsgeschichtlichen Entwicklung. Um die chronologische
Entwicklung sprachlicher Diskurse greifbar zu machen, ist jedem
Kriegsjahr ein Kapitel gewidmet. Das Quellenmaterial umfasst
Briefe von der Front und aus dem zivilen Raum, von Frauen und
Männern, aus verschiedenen Altersgruppen und Milieus. |
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Wilhelm Stählin Als evangelischer
Feldgeistlicher im Ersten Weltkrieg Wilhelm Stählins
Tagebücher 1914-1917 Kohlhammer Verlag, 2015, 1070 Seiten,
978-3-17-029828-6 90,00 EUR
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Wilhelm Stählin (1883-1975), Pfarrer in Nürnberg,
Theologieprofessor in Münster, oldenburgischer Landesbischof, berichtet
als freiwilliger Feldgeistlicher an der West- und an der Ostfront
1914-1917 anhand seiner Tagebucheintragungen über seinen
Seelsorgerdienst an Soldaten, Verwundeten, Sterbenden, über das Elend
der Kriegsgefangengen, über das Leben der "kleinen Leute", über Bauern
und Besitzlose, Großgrundbesitzer, den baltischen Adel und das
Offizierskorps, über das schwierige Verhältnis zwischen Deutschen,
Letten, und Litauern. Schonungslos gegenüber sich selbst, gibt er tiefe
Einblicke in seine politische, kirchliche und theologische Entwicklung
im Verlauf des Krieges.
Inhaltsverzeichnis Wilhelm Stählin (1883-1975) war
Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Bischof
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Dr. Helmut Baier
war 1975-2004 Direktor des Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg. |
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Hans-Georg Ulrichs Der Erste
Weltkrieg in der reformierten Welt
Neukirchener
Verlag, 2014, 400 Seiten, kartoniert, 14,5 x 22 cm
978-3-7887-2837-3 45,00 EUR
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Forschungen zur Reformierten Theologie
Band 3: Die Kirchen Europas unterstützten den aus der jeweiligen
nationalen Perspektive für gerechtfertigt gehaltenen
Ersten
Weltkrieg. Die frühe ökumenische Bewegung konnte hier nicht
korrigierend wirken. In Deutschland waren die Reformierten eine
Minderheit. Sie verstanden sich zunehmend international.
Kontakte zu den reformierten Kirchen in Europa und Übersee
wurden zu Beginn des 20. Jh. ausgebaut. ForscherInnen aus den
am Krieg beteiligten und aus neutralen Ländern beschreiben die
reformierten Kirchen ihrer Länder und deren Rolle während des
Ersten Weltkriegs. Überblicksdarstellungen, "Länderstudien" und
exemplarische Einblicke in reformierte Gruppen, kirchliche
Handlungsfelder sowie das Handeln einzelner Personen zeichnen
ein nahezu vollständiges Bild des internationalen
Reformiertentums. |
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Martin Greschat Der Erste Weltkrieg
und die Christenheit Ein globaler Überblick
Kohlhammer Verlag, 2013, 164 Seiten, kartoniert,
978-3-17-022653-1 24,90 EUR
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In allen kriegführenden europäischen Staaten wie auch in den
USA herrschte die Überzeugung vor, dass der Erste Weltkrieg als
Verteidigungskrieg, als gerechter Krieg geführt wurde, bei dem
man Gott auf der eigenen Seite wusste. Diese Überzeugung
proklamierten die Europäer auch in ihren Kolonien in Asien und
Afrika. Daraus resultierte eine schrittweise Distanzierung der
indigenen Bevölkerung von den Kolonialmächten, die Förderung
eines eigenen Nationalismus sowie ein wachsendes
Selbstbewusstsein der Christen in diesen Gebieten. Im Fokus der
Darstellung stehen die offiziellen und offiziösen
Verlautbarungen der christlich-kirchlichen Repräsentanten, die
dadurch die in der Öffentlichkeit weitgehend akzeptierte
Deutungshoheit ausübten. Es zeigte sich jedoch, dass dieser
Anspruch zunehmend gebrochen und bestenfalls partiell die
Menschen an der Front und in der Heimat überzeugte.
Inhaltsverzeichnis /
Vorwort /
Leseprobe
Prof. em. Dr. Martin Greschat lehrte
Kirchengeschichte an der Universität Gießen und ist
Honorarprofessor der Universität Münster. |
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