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Hans-Dieter Schäfer
Krankenpädagogischer Religionsunterricht
Religiöse Bildung in den Schulen für Kranke der Kinder- und
Jugendpsychiatrie
Neukirchener Verlag, 2016, 543 Seiten, kartoniert, 14,5x22,0 cm
978-3-7887-3078-9
75,00 EUR
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Religion wird im therapeutischen Kontext vielfach tabuisiert. In
diesem Buch informiert der Autor umfassend über Chancen und Risiken
religionspädagogischer Arbeit in Schulen für Kranke der Kinder- und
Jugendpsychiatrie. Der Autor arbeitet seit vielen Jahren mit großem
persönlichem und fachlichem Gewinn als Religionslehrkraft in diesem
Arbeitsfeld und möchte mit diesem Buch motivieren, das Thema
Religion nicht zu verdrängen. Er informiert und reflektiert
umfassend über Chancen und Risiken in diesem Bereich.
Krankenpädagogischer Religionsunterricht kann gelingen, wenn er sich
in seinen Grundhaltungen dem speziellen therapeutischen Setting
stellt und Verantwortung übernimmt. Primäres Ziel ist es, die
seelisch verletzten Schülerinnen und Schülern in ihrer Religiosität
wahrzunehmen und ihnen ein interreligiöses Forum der Reflexion über
das Mysterium des Lebens anzubieten.
Dadurch kann ein Beitrag zur Therapie geleistet werden, so die These
des Autors. Um der Tabuisierung des Religiösen entgegenzuwirken, ist
es notwendig, das Gespräch mit der kinder- und jugendpsychiatrischen
Fachwelt zu suchen und zum Diskurs einzuladen. Gegenstand der
Religionspädagogik sind alle schulischen und außerschulischen
religiösen Lernprozesse. Dazu zählen auch die religiösen
Lernprozesse im Kontext von Krankheit. Religionsunterricht an
Schulen für Kranke der Kinder- und Jugendpsychiatrie wird bislang
von den kirchlichen Bildungsverantwortlichen und von der
Religionspädagogik konsequent ausgeblendet.
Die seelisch verletzten Schülerinnen und Schüler, die stationär in
die Fachkliniken der Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgenommen
werden, unterliegen der Schulpflicht, um nach dem
Krankenhausaufenthalt die Anschlussfähigkeit an die Heimatschulen
sicherzustellen. Schwerpunkt bilden dabei die Hauptfächer. Ethik-
bzw. Religionsunterricht ist in diesen oft sehr kleinen Schulen in
der Regel nicht vorgesehen. Der Autor dieses Buches will dies
verändern und plädiert für eine Entdeckung des Arbeitsfeldes. Die
Anzahl der behandlungsbedürftigen Kinder und Jugendlichen mit
Aufmerksamkeitsdefiziten, Autismus, Depressionen, Störungen des
Sozialverhaltens, Angststörungen usw. ist in den letzten Jahren
kontinuierlich gestiegen. Die WHO schätzt, dass bis zum Jahr 2020
weltweit psychische Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen um 50%
zunehmen werden. Es handelt sich also um ein Thema mit
Zukunftsbedeutung, das nicht unterschätzt werden sollte, auch im
Blick auf die Inklusionsdebatte.
Um den wissenschaftlichen Diskurs zu eröffnen, geht es in dem Buch
zunächst darum, in historischer, systematisch-theologischer und
empirischer Perspektive unter Befragung von Fachpersonen das Feld zu
bearbeiten. Wie lässt sich ein Religionsunterricht so konzipieren,
dass er die therapeutischen Prozesse der Kinder und Jugendlichen
verantwortlich unterstützen kann? Wie kann sich Religionsunterricht
im Dialog mit den kinder- und jugendpsychiatrischen und
klinikpädagogischen Systemen profilieren? Großen Wert legt der Autor
auf die Grundhaltungen der Lehrpersonen.
Er entfaltet eine "Didaktik des Empathie-basierten
krankenpädagogischen Religionsunterrichts" und erarbeitet sieben
Unterrichtsbausteine unter Einbeziehung von Expertenwissen. Dies
macht das Buch für die praktische Verwendung interessant.
Schließlich geht es darum, das Erfahrungswissen des
krankenpädagogischen Religionsunterrichts in den Schulen für Kranke
der Kinder- und Jugendpsychiatrie für den Religionsunterricht an den
Regelschulen nutzbar zu machen und entsprechende Forderungen
abzuleiten. |