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Hans
Joachim Schoeps 1909-1980 |
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Micha Brumlik Preußisch, konservativ, jüdisch
Hans-Joachim Schoeps' Leben und Werk Böhlau, 2019,
304 Seiten, gebunden, 978-3-412-51501-0 45,00 EUR
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In der Biographie des preußisch gesonnenen, konservativen und
jüdischen Religionshistorikers Hans Joachim Schoeps (1909-1980), der
seit seiner Jugend Mitglied der bündischen Jugend gewesen ist, 1938
emigrierte und schon 1946 heimwehkrank nach Deutschland
zurückkehrte, zeigen sich beispielhaft jene Wünsche, Widersprüche
und Enttäuschungen, die deutsche Juden im Zwanzigsten Jahrhundert
hegten und verarbeiten mussten. Noch im Deutschland der ersten
Jahre des NS Regimes vergeblich darum bemüht, die Anerkennung des
judenfeindlichen Regimes zu gewinnen, wurde Hans Joachim Schoeps im
spät erreichten schwedischen Exil zu einem bedeutenden, das frühe
Christentum auf gänzlich neue Weise erforschenden
Religionswissenschaftler. Dem korrespondierte ein existenziell
erfahrenes theologisches Engagement, das der Jude Schoeps im Dialog
mit der dialektischen Theologie zum Erneuerer eines idealistisch
geprägten jüdischen Offenbarungsdenkens werden ließ. Nach seiner
trotz seiner Homosexualität in Schweden vollzogenen Heirat kehrte
Schoeps sowie früh wie möglich nach (West)Deutschland zurück, was er
am Ende seines Lebens bereute. Die inneren Widersprüche, fatalen
Fehleinschätzungen, getrogenen Erwartungen und trotzigen Hoffnungen
des deutschen Judentums haben sich lebensweltlich und
wissenschaftlich nirgendwo so deutlich niedergeschlagen wie in Leben
und Werk von Hans-Joachim Schoeps. |
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Thomas Meyer
Vom Ende der Emanzipation
Jüdische Philosophie und Theologie nach 1933
Vandenhoeck & Ruprecht, 2007, 192 Seiten, kartoniert,
978-3-525-35094-2
23,00 EUR
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Toldot, Essays zur
jüdischen Geschichte und Kultur Band 6 Was ist das »wahre« Judentum? Über diese Frage stritten jüdische
Philosophen und Theologen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten
bis zum gewaltsamen Ende öffentlichen jüdischen Lebens im Jahre 1938.
Zu den bislang wenig beachteten philosophischen
Selbstverständigungstexten des 20. Jahrhunderts zählt die
Grundlagendebatte, die jüdische Philosophen und Theologen nach dem
Machtantritt der Nationalsozialisten führten. In Zeitungen,
Zeitschriften und Büchern wurde bis zum gewaltsamen Ende öffentlichen
jüdischen Lebens in Deutschland im Jahre 1938 noch ein halbes Jahrzehnt
lang leidenschaftlich um das zeitgemäße und »wahre« Judentum gestritten.
Zentrale Deutungsangebote jenseits der viel beschworenen
»deutsch-jüdischen Symbiose« kamen dabei vor allem von theologischer
Seite. Während etwa der gesetzestreue Rabbiner Alexander Altmann
(1906-1987) am halachischen Judentum als dem zentralen Sinnbezug für
Juden festhielt, favorisierte der junge Religionshistoriker
Hans-Joachim
Schoeps (1909-1980) Inhalte der christlichen »dialektischen Theologie«
Karl Barths. Gemeinsamer Bezugspunkt dieser Diskussionen war nicht
selten Franz Rosenzweig (1886-1929), dessen Werk seit dem Jahr 1933 eine
bemerkenswerte Rezeption erfuhr.
Auch die Philosophen beteiligen sich angesichts der existenziellen
Bedrohung an den Auseinandersetzungen um die Frage »Was ist Judentum?«.
Der Essay beleuchtet vor allem die Streitschrift von Leo Strauss
(1899-1973), dessen Buch »Philosophie und Gesetz« von 1935 zu einem
Manifest für die Zeitgenossen geworden war. Seine scharfe Kritik an der
Abkehr von den Quellen des Judentums, wie sie
Maimonides (1138-1204) in
seinen Schriften kanonisiert hatte, mündete in einer Neubestimmung von
Aufklärung und Tradition im Judentum. Unter anderem antworteten der
Philosoph Julius Guttmann (1880-1950) und sein Schüler Fritz Bamberger
(1902-1984) mit einer Verteidigung des liberalen Judentums.
Dr. Thomas Meyer ist Minerva-Foundation Fellow am Franz Rosenzweig
Research Centre for German-Jewish Literature and Cultural History in
Jerusalem. |
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